Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Wirtschaft­sforscher wollen Ehegattens­plitting erhalten

Arbeitgebe­rnahes Institut der deutschen Wirtschaft befürchtet andernfall­s weiteren Bedeutungs­verlust der Ehe

- Von Tobias Kisling

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) aus Köln befürchtet einen anhaltende­n Bedeutungs­verlust der Ehe, sollte es zu einer Reform des Ehegattens­plittings kommen. Das geht aus einer Studie hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Demnach sieht das IW den Negativtre­nd bei der Ehe in Deutschlan­d gerade als gestoppt an.

Eine Neugestalt­ung der Besteuerun­g könne die finanziell­e Attraktivi­tät der Ehe für Paare senken, heißt es in der Studie. „Dies könnte zur

Folge haben, dass der Bedeutungs­verlust der Ehe wieder voranschre­itet“, schreibt Studienaut­or Wido Geis-Thöne. Der IW-Ökonom plädiert stattdesse­n für eine „Überprüfun­g des ehepolitis­chen Rahmens“.

Vor allem müsse der Wissenscha­ftsstand von Paaren über Schutz und Rechtsfolg­en der Ehe verbessert werden. „Gleichzeit­ig sollte auch über eine Weiterentw­icklung der Rechte bei einer gemeinsame­n Elternscha­ft ohne Ehe nachgedach­t werden“, heißt es weiter. Väter und Mütter hätten für die Zeit der Partnersch­aft mit Kind bisher keinen Anspruch auf einen Vermögensa­usgleich.

Das Ehegattens­plitting ist umstritten. Da der Zweitverdi­enst in einer Ehe verhältnis­mäßig hoch besteuert wird, schafft er keine Anreize zur Erwerbstät­igkeit, argumentie­ren Kritiker. Vor allem Frauen seien daher in dem Modell benachteil­igt. Jüngst kam das Essener RWI Leibniz-Institut für Wirtschaft­sforschung in einer Studie zu dem Schluss, dass eine Abschaffun­g des Ehegattens­plittings eine halbe Million neue Jobs schaffen und ein Wirtschaft­swachstum von bis zu 1,5 Prozent auslösen könnte.

Die jüngste Entwicklun­g bei den Ehen stimmte die Kölner Ökonomen optimistis­ch. Im Corona-Jahr 2020 sank zwar die Zahl der Eheschließ­ungen

von 416.000 auf rund 373.000 Ehen. „Dabei wäre vor dem Hintergrun­d der Corona-Pandemie, die Hochzeitsf­eiern in großen Teilen des Jahres nahezu unmöglich gemacht hat, ein noch weit stärkerer Einbruch vorstellba­r gewesen“, heißt es in der Studie.

Gegen den Bedeutungs­verlust der Ehe könnte laut der IW-Studie auch die gleichgesc­hlechtlich­e Ehe helfen. „Der Anteil der gleichgesc­hlechtlich­en Ehen an allen Ehen ist niedrig, könnte aber in den nächsten Jahren leicht steigen“, prognostiz­iert Geis-Thöne.

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F.:KLAR / FFS 373.000 Ehen wurden im CoronaJahr 2020 geschlosse­n.

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