Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Nöbdenitzer Schusterwerkstatt gerettet
Gebäude wird nun im Kulturhof Kleinmecka als Tiny-Fachwerkhaus erhalten bleiben
Dorit Bieber vom Verein Altenburger Bauernhöfe berichtet von einer ungewöhnlichen Rettungsaktion in Nöbdenitz.
Dort stand bis Ende Juni dieses Jahres das Gebäude einer historischen Schusterei. Drei Generationen der Familie Hofmann hatten hier als Schuhmachermeister gewirkt und die Umgebung mit Qualitätswaren von maßgefertigten Schuhen versorgt. 1992 schloss die Werkstatt. Eine Gedenktafel am Gebäude erinnerte an dessen Geschichte.
Schimmelbefall im Erdgeschoss
Das kleine Fachwerkgebäude war wohl um 1780 L-förmig mit dem ebenfalls aus Fachwerk errichteten Wohnhaus gebaut worden. Der Wohnhausteil war als Fachwerkbau nicht mehr zu erkennen gewesen. An das alte Gebäude war in den vergangenen Jahren ein Eigenheim angebaut worden.
Obgleich das alte Gebäude von außen gepflegt wirkte, brachte im Erdgeschoss die Feuchtigkeit Schimmelbefall mit sich. Die Eigentümer sahen sich nach dem Tod der Großmutter nicht in der Lage, das Gebäude grundhaft zu sanieren. Da sie gleichzeitig den Platz benötigten, entschlossen sie sich schweren Herzens zum Abriss.
Aus Zeitung von Abriss erfahren
Durch eine Notiz in der Zeitung über den bevorstehenden Abriss wurde der Verein Altenburger Bauernhöfe auf die wunderschöne kleine Schusterwerkstatt aufmerksam. Schnell waren sich die Vereinsmitglieder einig: Ein solches Schmuckstück darf nicht ganz verschwinden. Die engagierten Mitstreiter Robert Hermann und Marcus Friese schmiedeten einen Plan, wie das markante schmale Gebäude zu retten sein könnte.
Die Idee: Die alte Schusterwerkstatt wird abgebaut, geborgen und künftig im Kulturhof Kleinmecka als Tiny-Fachwerkhaus, also als Mini-Fachwerkhaus, zu neuem Leben erweckt. Die Eigentümer in Nöbdenitz zeigten sich für den Plan sehr aufgeschlossen und dankbar für diese Initiative und unterstützten das Vorhaben. Denn für sie bedeutete das Angebot gleichzeitig Trost darüber, dass ein Teil des großelterlichen Erbes doch noch erhalten bleibt. Und so begann der Abbau des bereits entkernten Gebäudes.
Unter den Helfern waren auch syrische und afghanische Jugendliche, die sich besonders über die Gelegenheit freuten, bei der körperlich schweren Arbeit ihre Kraft zeigen zu können und gebraucht zu werden. Und Bestätigung ernteten die ehrenamtlichen Unterstützer reichlich für ihren tatkräftigen Einsatz, so Bieber.
Die Eigentümer unterstützten die Arbeit in der prallen Sonne mit Eis und Getränken. So mancher Spaziergänger blieb neugierig stehen und drückte seine Anerkennung für die Bergung aus, freut sich Dorit Bieber.
Zunächst wurden die Dachziegel – noch aus der Reussengrube Gera – geborgen, gesäubert und abtransportiert. Währenddessen schritten der Abbau des Dachstuhls und die Demontage des Fachwerks voran. Die Balken wurden entnagelt, sortiert und gesäubert.
So manches Mal hüllten die fallenden Lehmdecken die Helfer in Staubwolken. Zum Erstaunen aller Beteiligten kam über dem Erdgeschoss eine lehmverputzte Bohlendecke zum Vorschein. Neben den Balken wurden auch historische Türen und Fenster geborgen.
Nöbdenitz ist an diesem Tag ärmer geworden, weil ein ortsbildprägendes Gebäude verschwunden ist.
Aber ein Teil davon wird an einem anderen Ort wieder auferstehen und die Erinnerung an die alte Schusterwerkstatt aufrechterhalten. Es ist ein Abschied mit der Aussicht auf ein Wiedersehen.
Und: eine Miniausgabe des Schusterwerkstatt-Hauses gibt es außerdem in Klein-Nöbdenitz in Lohma zu sehen.