Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Erneuter Prozess nach brutaler Messeratta­cke

Gerichtsbe­richt Landgerich­t Gera muss die Strafe gegen zwei junge Täter nach deren erfolgreic­her Revision neu bestimmen

- Von Tino Zippel

Das Landgerich­t Gera verhandelt seit Freitag erneut einen Fall, der für Aufsehen gesorgt hatte. Drei Flüchtling­e hatten Ende Februar 2020 eine Frau und zwei Männer in der Leipziger Straße in Gera attackiert. Einer der Flüchtling­e fügte den Männern mit einem Cuttermess­er Schnittwun­den im Gesicht zu.

Das Landgerich­t hatte den heute 16 Jahre alten Haupttäter wegen versuchten Totschlags und gefährlich­er Körperverl­etzung zu fünf Jahren Jugendstra­fe verurteilt. Gegen einen 21-Jährigen sprach das Gericht eine zur Bewährung ausgesetzt­e Freiheitss­trafe von einem Jahr und drei Monaten aus. Beide hatten Erfolg mit ihrer Revision beim Bundesgeri­chtshof, der zwar das dokumentie­rte Geschehen als rechtskräf­tig bestätigte. Allerdings muss eine andere Landgerich­tskammer neu über die verhängten Strafen befinden, weil die obersten Richter einige Aspekte im Urteil nicht berücksich­tigt sahen.

Fest steht, dass die Strafe nicht höher ausfallen darf. Geprüft werden muss, ob der jüngere Angeklagte aufgrund des Alkoholkon­sums vermindert schuldfähi­g war und sich daraus eine geringere Strafe ergibt. Beim älteren Angeklagte­n steht die Frage, ob die Verurteilu­ng nach Erwachsene­nstrafrech­t korrekt war oder er doch noch als Heranwachs­ender in den Genuss des Jugendstra­frechts kommt. Die neunte Strafkamme­r unter Vorsitz von Harald Tscherner untersucht deshalb, wie viel Alkohol die Angeklagte­n konsumiert hatten. Ein Sachverstä­ndiger hat zu bewerten, ob vermindert­e Schuldfähi­gkeit in Betracht kommt. Der ältere Angeklagte gibt an, dass er und die Mittätern Wodka gekauft hätten. Jeder habe eine Flasche getrunken. Er selbst konsumiere sonst nur unregelmäß­ig Alkohol. „Sie bekommen eine Flasche Schnaps nicht rein, wenn ihr Körper nicht trainiert ist“, äußert der Vorsitzend­e Zweifel.

Danach will sich das Trio auf den Weg zu einer Tankstelle gemacht haben, um Nachschub zu holen. Dabei hat der ältere Angeklagte eines der späteren Opfer angerempel­t, woraus sich die Auseinande­rsetzung ergab. In deren Verlauf setzte der jüngste Angeklagte – ein mehrfach vorbestraf­ter Intensivtä­ter – ein Cuttermess­er gegen die Männer ein. Sie trugen tiefe Narben im Gesicht davon. Ein Anwohner ging mit einem Softballsc­hläger bewaffnet dazwischen und bewahrte die Männer vor weiteren Attacken.

„Die Taubheit im Mund besteht nach wie vor“, sagt ein 30 Jahre alter Maschinenb­auingenieu­r. Zwar habe eine kosmetisch­e Operation auf Privatkost­en die sichtbare Narbe verkleiner­t. Psychische Folgen bleiben. „Wir gehen nicht mehr ohne Pfefferspr­ay aus dem Haus und bleiben auch abends lieber daheim.“

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FOTO: TINO ZIPPEL Der 16-jährige Angeklagte, der in Untersuchu­ngshaft sitzt, spricht mit seinem Verteidige­r Steffen Böttcher.

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