Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Geschäftsinhaber zwischen Verständnis und ausbleibenden Kunden
Gefühlt seit Wochen scheint am Freitagvormittag mal wieder die Sonne. Auf dem Marktplatz in Schmölln sind recht viele Menschen unterwegs. Aber die meisten besuchen nur den lokalen Supermarkt. In den Geschäften des Einzelhandels herrscht teilweise gähnende Leere.
„Ich habe die Kasse heute noch nicht einmal benutzt“, sagt Hardip Kahlon vom gegenüberliegenden Modegeschäft. Aber die Kunden würden nicht erst seit der Einführung der 2G-Regel ausbleiben. Im Herbst sei das Geschäft noch gut gelaufen. Aber seitdem die CoronaZahlen wieder steigen, sei den Menschen wohl die Lust vergangen, einkaufen zu gehen. „Wenn es so weiter läuft, muss ich das Geschäft schließen“, sagt die Inhaberin, die die Boutique erst vor drei Jahren neu eröffnet hat. Immerhin würden die Kunden, die noch kommen, die Regeln akzeptieren und unaufgefordert den entsprechenden Nachweis vorzeigen.
Kunden sind ungehalten oder bleiben ganz fern
Die Verkäuferin eines anderen Geschäfts, die lieber anonym bleiben will, habe allerdings ganz andere Erfahrungen gemacht. Es sei ein Unding, die Kontrolle der Maßnahmen auf die Betreiber und Angestellten umzulegen. Alle paar Minuten müsse sie ihre Arbeit unterbrechen und in die Jacke schlüpfen, um vor der Tür die Nachweise zu kontrollieren. Für die eigentliche Tätigkeit bliebe da kaum noch Zeit.
Auch ungehaltene Kunden, die ohne Maske oder Nachweis das Geschäft betreten, habe sie bereits erlebt. „Das Motto lautet eher: Geimpft, genesen oder genervt“, sagt sie. Und viele Kunden kämen seit der 2G-Einführung auch einfach nicht mehr vorbei.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) kritisiert die Einführung der 2G-Regel im Einzelhandel. Mit den neuen Vorgaben müssten viele Unternehmen mit erheblichen Umsatzeinbußen von bis zu 50 Prozent
rechnen. Die Wartezeit vor den Kontrollen an den Ladentüren würde sehr viele Kundinnen und Kunden zusätzlich abschrecken. Die Kundenfrequenz werde in der wichtigen Vorweihnachtszeit deutlich sinken. Andere Inhaber sehen die 2G-Regel im Handel weniger negativ. „Es ist schon richtig, jetzt zu handeln“, sagt Veronika Schnelle vom Geschäft „Uhren-Schmuck-Neefe“.
Sie habe aber den Vorteil, dass sie in dem 1891 gegründeten Familienbetrieb keine Miete zahlen muss und den Laden als Nebenverdienst zu ihrer Rente betreibt. „Wenn man in dieser Zeit davon leben muss, wird es bestimmt schwierig“, sagt Schnelle.
Auch Verständnis und Dank für Kundentreue Nebenan gibt es in der Buchhandlung Goerke ebenfalls Verständnis für die Maßnahmen. „Wir sind dankbar, dass es 2G gibt und wir weiterhin geöffnet haben dürfen“, sagt Inhaberin Kristin Mielke.
Natürlich gebe es auch Einschränkungen. So sei eine Buchhandlung ein Geschäft zum Stöbern. Bei nur zwei gleichzeitig erlaubten Kunden und den zeitaufwendigen Kontrollen der Nachweise sei dies nicht so einfach wie zuvor. Auch die Kundenzahl habe leicht abgenommen. „Aber die Schmöllner sind sehr umsichtig und geduldig“, sagt sie.
Außerdem gebe es seitens der Bürger eine große Solidarität mit dem Traditionsgeschäft. „Die Menschen wollen, dass unser Laden bleibt“, sagt sie. Viele würden demnach weiter aus Überzeugung regional kaufen.