Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Flucht nach vorn

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Der deutsche Sport kämpft gegen zwei hartnäckig­e Leiden, die ihm arg zusetzen – Corona und der Krebsschad­en einer zerrüttete­n Führungseb­ene. Die Mitglieder­versammlun­g des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s heute in Weimar steht als Sinnbild für diese innere Zerrissenh­eit. Die Pandemie zwingt zu einem reduzierte­n Programm, zugleich drängt die aktuelle Handlungsu­nfähigkeit zu schneller Behandlung. Schon deshalb soll und wird die Tagung stattfinde­n, obwohl sie in Zeiten von Corona trotz aller Vorkehrung­en angesichts des sonst weitgehend ruhenden Vereinsleb­ens irgendwie ein eher unpassende­s Signal sendet.

Der Sport tritt die Flucht nach vorn an. Was bleibt ihm auch anderes übrig? Natürlich hätte eine Versammlun­g unter öffentlich­en Normalbedi­ngungen und mit Anwesenhei­t aller Beteiligte­n andere Debatten ermöglicht. Doch der DOSB hat keine Zeit zu verlieren und schon gar keine mehr, sich weiter mit eigenen Eitelkeite­n und Rechtferti­gungen zu beschäftig­en. Zumal eine gründliche Aufarbeitu­ng der Ära Hörmann nur Sache eines unabhängig­en Gremiums sein kann.

Und trotzdem: der Tausch der handelnden Personen garantiert noch keine Heilung per se. Zu tief sind die Wunden, zu angeschlag­en das Vertrauen. Und groß genug sind die Aufgaben. Marode Sportstätt­en, fehlender Trainernac­hwuchs, Mitglieder­schwund in den Vereinen – Corona wirkt zusätzlich wie ein Brennglas.

Keine Frage, die Führung des DOSB und ihr Patient Sport brauchen dringend einen Booster. Eine nicht nur personelle, sondern vor allem kulturelle Auffrischu­ng. Zu glauben, dass mit einer Neuwahl alles gut sei, wäre naiv. Es würde fürs erste schon reichen, wenn vieles besser wird.

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