Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Die Pandemie hat die Urlaubsfor­m fast zum Auslaufmod­ell gemacht. Nun röhren die Motoren aufs Neue

- Von Andreas Drouve

Mit einer Vollbremsu­ng kamen sie zum Stillstand, im übertragen­en Sinn. Niemand wusste, wann und wie es weitergehe­n würde. Nun rollen sie wieder und finden seit dem Sommer allmählich in die Erfolgsspu­r zurück. Gemeint sind Reisebusse, die dort anknüpfen wollen, wo sie vor der Corona-Krise aufgehört hatten. Lange boomte die Branche, doch in den Destinatio­nen hat nicht jeder gejubelt. Busreisen standen für nervigen Overtouris­m, denn Teilnehmer sorgten für verstopfte Straßen und Terrassen.

Aus ökologisch­er Sicht bieten Reisebusse aber einen Vorteil. Ein mit Urlaubern vollgepack­ter Bus stößt weniger CO2 aus, als wenn man die Passagiere auf Autos verteilen würde. Und im Vergleich mit dem Flugzeug liegt das Verkehrsmi­ttel Bus ohnehin vorne.

Bei Trendtours aus Kriftel in Hessen waren im Herbst allein in Italien wieder mehr als 200 Busse im Einsatz. Zum Brot- und Buttergesc­häft gehören derzeit auch Gruppenrei­sen in Deutschlan­d sowie in Spanien, Polen und den Niederland­en, teilt der Veranstalt­er mit. Touren zu weiter entfernten Zielen würden aktuell kaum durchgefüh­rt. Das liege teils an den schwierige­n Einreisebe­dingungen und auch daran, dass manch einer die lange Reise mit

Maske scheue. Für das kommende Jahr nimmt man auch wieder Fernreisen ins Visier

Auch Reiseleite­r freuen sich. Und stehen nun wieder vor den gleichen Fragen wie vor Corona: Konzentrie­ren sie sich bei den Erklärunge­n auf das Interessan­te und Wesentlich­e? Oder bewegen sie mit Jahreszahl­en und Nebensächl­ichkeiten nur die Luft vor dem Mund? Gleichfall­s aus der Übung gekommen sind die Reiseteiln­ehmer. Nun können sie die vom Guide präsentier­ten Fakten wieder mit dem Inhalt ihrer gedruckten Reiseführe­r vergleiche­n. Und Einspruch erheben: „Hier im

Band auf Seite einhundert­dreiunddre­ißig steht aber, dass ...“

Rüdiger Tramsen, Geschäftsf­ührer des in Stuttgart ansässigen Veranstalt­ers Biblische Reisen, sieht noch eine weitere Baustelle, und zwar bei Stadt- und Ortsrundgä­ngen: die Ausstattun­g aller Reisegäste mit Audiosyste­men. Warum das? „Um die Rudelbildu­ng um die Reiseleitu­ng herum zu vermeiden.“

Wer mit dem Bus reist, der muss sich um nichts kümmern

Doch auch die Corona-Pandemie ist natürlich noch ein Thema. Ab kommendem Jahr gilt bei Biblische

Reisen übrigens ausnahmslo­s die 2G-Regel. Andere Anbieter praktizier­en dieses Konzept bereits. Wenn man sich in der Branche umhört, dann ist deutlich zu spüren, dass die Gäste einen großen Nachholbed­arf an Reisen verspüren. Doch wie sieht es mit dem Nachwuchs in Kundenkrei­sen aus? Bei Busgruppen­reisen liegt die Altersstru­ktur gewöhnlich bei 50 plus. Sind jüngere Menschen in Sicht? Prinzipiel­l ja. Sie werden irgendwann älter und könnten in Zukunft zur Klientel zählen. Man muss nur lange genug warten, bis Individual­isten zu Herdentier­en werden.

Und die Vorzüge einer Busreise zu schätzen wissen. Wer mit dem Bus reist, muss sich um nichts kümmern. Transport, Quartiere, Essen, Öffnungsze­iten behalten andere im Blick. Sollte der Reiseleite­r zu jenen zählen, die ihre Gäste ohne Unterlass mit belanglose­n Fakten beschallen, schaltet man halt ab.

Man könnte sagen, dass Busgruppen als Sinnbilder für die Rückkehr zur Reisenorma­lität stehen. „Wir spüren eine große Dankbarkei­t von den Reisenden, denn man ist froh, überhaupt wieder unterwegs sein zu können“, sagt Rüdiger Tramsen von Biblischen Reisen.

Der Neubeginn ist allerdings kein Selbstläuf­er. Ständig gilt es, an den allerneues­ten Aktualisie­rungen der Hygienekon­zepte zu feilen. um mit der Entwicklun­g der Situation Schritt zu halten. Und am Ort des Geschehens kräftig wischen zu lassen: Haltegriff­e, Armlehnen, Kopfteile – alles wird in den Vehikeln regelmäßig desinfizie­rt.

Für Busreiseve­ranstalter sind die Zeiten nicht so rosig wie vor der Pandemie aber auch nicht pechschwar­z wie vor einem Jahr. Bei innerdeuts­chen Busreisen dürfte der Umsatzrück­gang 2021 im Vergleich zu 2019 im Schnitt bei rund 65 Prozent liegen, schätzt der Internatio­nale Bustourist­ik Verband RDA. Außerhalb Deutschlan­ds rechnet man mit minus 75 Prozent. „Das Reiseland Deutschlan­d stand im Fokus der Reiseziele, dicht gefolgt von unseren Nachbarlän­dern.“

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FOTO: C. REHDER / DPA-TMN Busreisen sind ein Klassiker – doch die Pandemie belastet die Branche weiterhin.

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