Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Leipzig zieht vor Gericht
Der Bundesligist will sich gegen die Zuschauer-Obergrenze wehren
Die Geduld ist aufgebraucht, die Zeit des freundlichen Dialogs vorbei, die Fußball-Bundesliga geht auf Konfrontationskurs zur Politik: Der nahezu vollständige Zuschauerausschluss in den deutschen Stadien wird zum Fall für die Justiz. Als erster Bundesliga-Club geht RB Leipzig gerichtlich gegen die Obergrenze vor – und könnte den Startschuss für eine Klagewelle gegeben haben.
Die Sachsen, die derzeit nur 1000 Fans in der Arena begrüßen dürfen, haben beim sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Eilverfahren gestellt. Man hoffe, dass auf diesem Wege „kurzfristig eine für alle Seiten sachlich faire, gerechtfertigte und nachvollziehbare Entscheidung und zugleich eine Lösung“hinsichtlich der extremen Zuschauerbeschränkung bei den Heimspielen erwirkt werden könne.
Der Schritt wirkt angesichts der angespannten Coronalage deplatziert. Am Samstag, als RB die Stellung des Antrags kommunizierte, lag die deutschlandweite Inzidenz bei 1127,7. Sie stieg am Sonntag auf den Rekordwert von 1156,8. Das nächste Heimspiel hat RB am 11. Februar gegen den 1. FC Köln.
Die Clubs setzen den hohen Fallzahlen umfangreiche Hygienekonzepte, zu denen etwa die Maskenpflicht oder die 2G-Plus-Regel zählen, entgegen. Trotzdem hatte sich die Politik zuletzt dagegen entschieden, bundesweit einheitliche Lockerungen bei den Zuschauerobergrenzen zu beschließen.
Die Bundesliga ist im europäischen Vergleich von tiefgreifenderen Maßnahmen betroffen. In der englischen Premier League kann unter Vollauslastung gespielt werden, in Spanien dürfen die Stadien zu 75 Prozent ausgelastet sein, in Italien immerhin bis zu 50 Prozent.
Die hohen Kosten der Pandemie dürften derweil RB zum Gang vor das Gericht bewegt haben. Man wisse, dass die Pandemie viele im Land schwer getroffen habe, sagte Geschäftsführer Oliver Mintzlaff der Bild. Aber: „Wir haben trotz eines Minus von über 60 Millionen Euro in den vergangenen zwei Jahren viel Verständnis für Entscheidungen der Politik gehabt. Aber jetzt ist der Punkt, wo jeder Bundesbürger, jeder Unternehmer und auch jeder Bundesligaclub pragmatische, logische und nachvollziehbare Entscheidungen erwarten kann.“
Andere Clubs könnten dem Leipziger Beispiel folgen. Insbesondere in Nordrhein-Westfalen ist der Ärger gegen das Quasi-Zuschauerverbot groß. Nach den Sonderregeln in Bayern (bis zu 10.000 Fans) und Baden-Württemberg (bis zu 6000 Zuschauer) droht bei juristischen Verfahren allerdings ein noch größerer Flickenteppich.
Eine generelle Prognose der Erfolgsaussichten ist dabei schwierig. Ausschlaggebend ist die jeweilige Corona-Schutzverordnung der Länder. RB Leipzig wird seine Chancen ausgelotet haben.