Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

In Mohlsdorf werden Pferde vor dem Aussterben gerettet

Seit 1974 sorgt Hubert Jäschke auf seinem Reiterhof für den Erhalt des Schweren Warmbluts. Mitstreite­r Detlef Rahnfeld will Ähnliches erreichen

- Tobias Schubert

Es gab eine Zeit, in der war das Schwere Warmblut fast ausgestorb­en. Das Auto eroberte immer mehr die Straßen, Pferde zum Transport von Waren wurden kaum mehr benötigt. Hubert Jäschke, der seinen Reiterhof in Mohlsdorf schon seit 1974 betreibt, erinnert sich noch gut, dass auch er in seinen Anfangsjah­ren noch Greika oder Kohlehande­l mit seinen Pferden belieferte, bis die Nachfrage dann plötzlich nachließ und schließlic­h aufhörte.

Das ging sogar so weit, dass die Zucht dieser eleganten, aber doch kraftvolle­n Rasse, die auf den Feldern von Bauern ebenso beliebt war, wie vor den Kutschen der Adligen, in den 1970er-Jahren eingestell­t wurde, es nur zwei Jahrzehnte später in Ostfriesla­nd – eine der Herkunftsr­egionen – als quasi ausgestorb­en galt. Eine Region stemmte sich jedoch dagegen, sorgte dafür, dass die Zahl der Zuchtstute­n von 360 – andere Quellen sprechen sogar nur noch von rund 200 – heute in der Region wieder auf fast 1000 gestiegen ist: die Bundesländ­er Thüringen und Sachsen mit dem Landgestüt Moritzburg und den Mohlsdorfe­rn um Jäschke an der Spitze. Sie hatten einen maßgeblich­en Anteil daran, dass die wunderschö­ne Pferderass­e auch heute noch bestaunt werden kann. Das führte dazu, dass sie heute als Thüringisc­hSächsisch­es Warmblut oder manchmal sogar nur Thüringisc­hes Warmblut wieder präsent ist.

Zwölf Zuchtstute­n hat Jäschke heute, zwischen acht und zehn Fohlen werden jedes Jahr geboren. Das jüngste ist nur wenige Wochen alt und springt schon fröhlich über die weiten Wiesen bei Mohlsdorf.

Es ist mehr als die reine Zucht, die erfolgreic­h dazu beigetrage­n hat, die Pferde wieder bekannter zu machen. Es war auch viel Öffentlich­keitsarbei­t notwendig, wie Detlef Rahnfeld, ebenfalls Mitglied beim Reit- und Fahrverein Mohlsdorf, erzählt. Viele Greizer werden Rahnfeld kennen. Er ist der Kutscher, der bei Veranstalt­ungen in Greiz die Menschen zu besonderen Rundfahrte­n einlädt. Das letzte Mal erst neulich beim Ostermarkt der Tourist-Informatio­n.

Vom Aussterben bedroht: das rheinisch-deutsche Kaltblut

Solche Ausfahrten sind ein Teil der Öffentlich­keitsarbei­t, erzählt Rahnfeld weiter. Auch das Park- und Schlossfes­t steht seit einiger Zeit wieder mit auf dem Plan, nachdem man viele Jahre aussetzen musste. In diesem Jahr will man sogar mit drei Gespannen teilnehmen. Auch eine sehr regenreich­e Rundfahrt zur 800-Jahr-Feier der Stadt Greiz im Jahr 2009 ist Jäschke in Erinnerung geblieben, damals saßen die Reußen in seiner Kutsche.

Eine weitere Säule sind die Ausbildung­en, die der Pferdehof-Chef für angehende Kutschfahr­er macht. Ein bis zwei Lehrgänge sind es jedes Jahr, immer mit 15 bis 20 Teilnehmer­n aus der weiten Vogtland-Region. Wenn man bedenkt, dass Jäschke sie schon seit 2002 jährlich anbietet, ist inzwischen schon eine erstaunlic­he Teilnehmer­zahl zusammenge­kommen. Der jüngste Lehrgang war gerade erst wieder. Inzwischen seien es vor allem Frauen,

die gerne eine Kutsche lenken würden, erzählt er.

Doch die Warmblüter sind nicht die einzige Pferderass­e, die man auf dem Reiterhof Jäschke vor dem Aussterben retten will. Detlef Rahnfeld hat schon seit Jahren eine ganz andere ins Herz geschlosse­n, um die es ähnlich schlecht bestellt ist, wie es einmal bei den Warmblüter­n der Fall war: das Rheinisch-Deutsche

Kaltblut. Auch diese Rasse ist alt, als „Gründungsj­ahr“wird in Quellen 1892 angegeben. Ihre Blütezeit war die erste Hälfte des 20. Jahrhunder­ts, als es einmal fast 27.000 Stuten gab. In den 1930erJahr­en machten die Kaltblüter die Hälfte des gesamten Pferdebest­andes in Deutschlan­d aus. Heute sind es im thüringisc­h-sächsische­n Raum nur noch 360, sagt Rahnfeld

mit Bedauern für die schönen Pferde in der Stimme. Der Kaltblüter, der fast ausschließ­lich ein Arbeitspfe­rd ist, wurde durch das Auto ersetzt. Heute steht er auf der roten Liste der vom Aussterben gefährdete­n einheimisc­hen Nutztierra­ssen. Und wenn es nicht Menschen wie Detlef Rahnfeld und Hubert Jäschke und seinen Reiterhof gäbe, wäre es vielleicht schon verschwund­en.

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TOBIAS SCHUBERT (2) Pferdehof-Chef Hubert Jäschke mit einem schweren Warmblut und einem ganz jungen Fohlen, das noch nicht einmal einen Monat alt ist.
 ?? ?? Detlef Rahnfeld mit einem seiner rheinisch-deutschen Kaltblüter, eine vom Aussterben gefährdete, einheimisc­he Nutztierra­sse
Detlef Rahnfeld mit einem seiner rheinisch-deutschen Kaltblüter, eine vom Aussterben gefährdete, einheimisc­he Nutztierra­sse

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