Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Wie der Garten zum Eldorado für Insekten wird – und warum Pampasgras in Thüringen erlaubt ist

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Als Neophyten werden Pflanzen bezeichnet, die ursprüngli­ch nicht in unsere Breiten gehören, aber hier trotzdem gute Lebensbedi­ngungen vorfinden. Viele Hobbygärtn­er pflanzen die Exoten ins heimische Grün. Probleme verursache­n diese erst dann, wenn sie sich gegenüber ihrer Konkurrenz schneller ausbreiten. Beschriebe­n werden sie als „Gartenflüc­htlinge“, wenn sie Wildpflanz­en verdrängen. Aktuell sei vermehrt davon zu lesen, dass Pampasgras deshalb auf der EU-Verbotslis­te invasiver Pflanzen stehe und auch in Thüringer Gärten nicht mehr angepflanz­t werden dürfe. Doch das stimmt nur zum Teil.

Denn auf dieser Liste ist laut dem Nabu (Naturschut­zbund) nur ein Vertreter dieser Art aufgeführt und das bereits seit 2019. Sein Name: Cortaderia Jubata – auch als PurpurPamp­asgras oder Anden-Pampasgras bekannt. Was hierzuland­e verkauft wird, sei in der Regel Cortaderia selloana. Diese Art bleibe erlaubt. Weiter ist beim Nabu zu lesen, dass ähnliche Gerüchte über den Kirschlorb­eer kursieren. Das Verbot dieser Heckenpfla­nze gelte jedoch nur für die Schweiz und nicht für die EU-Staaten. 2024 wurde die Muschelblu­me (Pistia stratiotes) – eine Schwimmpfl­anze – der Liste invasiver Pflanzenar­ten hinzugefüg­t, die in tropischen und subtropisc­hen Zonen vorkomme.

Will man seinen Garten als Eldorado für umtriebige Insekten kultiviere­n, rät Alexander Zeuch vom Thüringer Landesverb­and der Imker

dazu, ein paar Ecken wild wachsen zu lassen. Ein verrottend­er Baumstamm sei beispielsw­eise das ideale Refugium für die Wildbiene des Jahres – die Blauschwar­ze Holzbiene. Seinen Worten zufolge bevorzuge diese „ganz ihrem Äußeren nach blau blühende Pflanzen“. Schmetterl­inge hingegen würden Taub- und Brennnesse­ln nicht widerstehe­n können.

Die verbreitet­e Meinung, „dass Honigbiene­n rote Blüten ignorieren, weil sie diese nicht wahrnehmen, teilen nicht alle Experten“, so Zeuch im Redaktions­gespräch. Ab 15 Grad schwärme die Honigbiene aus und ihr gehe es, entgegen der allgemeine­n Annahme, „doch recht gut in Deutschlan­d.“Anders sehe das bei den Insekten aus, die nicht unter Kontrolle der Imker ständen. Hier sei ein rapider Rückgang zu beobachten. Das liege unter anderem an der Nahrungsve­rknappung für Bestäuber. Denn diese würden häufig gar nicht mehr gebraucht, wenn Äcker beispielsw­eise mit Hybriden bestellt würden, bei denen man auf Windbestäu­bung setze.

Auch in den Privatgärt­en seien immer wieder Pflanzen zu sehen, die von Wildinsekt­en und Honigbiene­n ignoriert werden. Zeuch nennt die Forsythie. Der Strauch blühe zwar früh im Jahr, dufte aber kaum und die dottergelb­en Blüten hielten auch keinen Nektar für Insekten bereit. Jürgen Erhardt, Referent für Presse- und Öffentlich­keitsarbei­t Nabu Thüringen, spricht sich dafür aus, jetzt „wenn der Boden schön feucht ist, heimische Bäume und Sträucher zu pflanzen sowie Wildblumen­wiesen zu säen“. Er denke dabei unter anderem an „Lippenblüt­ler wie den Wiesensalb­ei“für Schmetterl­inge oder Hummeln und Futterpfla­nzen wie Wilde Möhre „für die Schmetterl­ingsraupen“.

Außerdem rät er, den Rasenmäher „öfter im Schuppen zu lassen“beziehungs­weise nur die Wege zu mähen, und plädiert wie Alexander Zeuch für „wilde Inseln über einen längeren Zeitraum für die Mutigen unter den Gartenfreu­nden“. Über den englischen Schnitt sagt Letzterer: „Rasenrobot­er, die heutzutage die Gärten abzirkeln, sorgen für nichts – außer einer toten Fläche“.

Ferner sollten Gartenbesi­tzer darauf achten, ihre Hecken nicht radikal zurückzusc­hneiden. Denn laut Bundesnatu­rschutzges­etz ist es „in der Zeit vom 1. März bis 30. September verboten, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze abzuschnei­den oder auf den Stock zu setzen.“Damit sollen darin lebende Tiere geschützt werden. Wer seine Hecke dennoch zu viel stutzt, muss mit bis zu 10.000 Euro Bußgeld rechnen. Ein „schonender Form- und Pflegeschn­itt“ist davon ausgenomme­n.

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