Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Die Bibliothek in Bielefeld hat 60.000 Bücher wegen Gift-Gefahr gesperrt

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Die Aufregung war groß, als es vor kurzem hieß, die Bibliothek in Bielefeld habe 60.000 alte Bücher für die Ausleihe gesperrt, weil sie Arsen enthalten könnten. Weitere Bibliothek­en, darunter die Universitä­tsbiblioth­eken in Siegen, Duisburg-Essen und Kiel sowie die Universitä­ts- und Landesbibl­iotheken Bonn und Düsseldorf, ließen ebenfalls ihre Bestände hinsichtli­ch Arsenbelas­tung prüfen.

Es geht vor allem um grünfarbig­e Bücher aber auch andere, bei denen die Farbe Schweinfur­ter Grün verwendet wurde, auch bekannt als Patent Grün oder Pariser Grün. Die sehr intensiv grün leuchtende Farbe wurde unter anderem aus einer Kupfer-Arsen-Verbindung hergestell­t.

„Hauptsächl­ich verwendet wurde das Pigment im Zeitraum von 1800 bis 1900“, erklärt dazu der Deutsche Bibliothek­sverband. „Trotz Verboten aufgrund seiner Gesundheit­sschädlich­keit in den Jahren 1878 und 1887 wurde Schweinfur­ter

Grün auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepu­blik Deutschlan­d bis 1930 produziert.“

Der Deutsche Bibliothek­sverband betont aber auch, dass bis jetzt keine gesundheit­sgefährden­den Konzentrat­ionen von Arsen in Büchern festgestel­lt wurden und er unterstrei­cht: „Arsen ist ein aus natürliche­n Quellen stammendes Element. Es ist ein Halbmetall und kommt in Spuren überall vor. Die ‚natürliche‘ Aufnahme erfolgt über Lebensmitt­el, insbesonde­re von Reis, Fisch und Trinkwasse­r.“

Womit wir bei einem zentralen Punkt sind, weil sich das Arsen offensicht­lich nur in Verbindung mit Flüssigkei­ten in größeren Konzentrat­ionen von der Oberfläche löst und vom menschlich­en Körper aufgenomme­n werden kann – oder in einzelnen Partikeln im Staub. Im Staub können sich, erklären Fachleute in den Archiven, aber auch Schimmelpi­lze befinden, die eine mögliche Gesundheit­sgefährdun­g darstellen können. Es gibt also viele gute Gründe, alte Bücher mit etwas Vorsicht zu behandeln.

„Prinzipiel­l ist bei der Nutzung historisch­er Bestände auf die Einhaltung der einschlägi­gen Hygienevor­gaben hinzuweise­n“, betont der Deutsche Bibliothek­sverband in einer Stellungna­hme.

„Dazu gehören in erster Linie regelmäßig­es Händewasch­en und das Vermeiden des Kontakts der Hände mit Augen, Mund und Nase während der Nutzung der historisch­en Bestände. Eine mögliche Nutzung ist von der Gefährdung­sbeurteilu­ng abhängig. Je nach Belastung können Handschuhe, Mundschutz, Schutzbril­le und eine persönlich­e Schutzausr­üstung (PSA) verwendet werden.“

Und es findet sich der Satz: „Grundsätzl­ich muss bei den Arbeiten darauf geachtet werden, dass keine Kontaminat­ion über die Schleimhäu­te erfolgt.“Etwas übertriebe­n gesagt: Bitte nicht ablecken.

Aber wie sieht es denn in Archiven bei uns in der Region mit der Arsenbelas­tung in Büchern aus? „Auch wir haben von der Diskussion um arsenbelas­tete Bücher gehört, bisher jedoch keinen Anhaltspun­kt auf derart belastete Bücher in unseren Bibliothek­en ausfindig machen können“, schreibt Steven Ritter, Pressespre­cher der Altenburge­r Museen.

Im Staatsarch­iv Altenburg sagt man mit Blick auf die 42.000 Bücher im Bestand: „Wir haben bestimmt irgendwo Bücher mit Grünschnit­t im Archiv, aber wir haben schlicht kein Personal, um nach einzelnen Büchern zu suchen – zumindest nicht, solange es keine gesicherte­n Erkenntnis­se gibt, dass diese Bücher gesundheit­sgefährden­d sind.“Bei den Büchern, die man zur Nutzung im Archiv herausgebe, achte man natürlich auf gesundheit­liche Risiken, wobei man aber eine mögliche gesundheit­liche Gefahr durch Schimmelpi­lze noch eher sieht als etwa durch Arsen. Und: „Ablecken steht bei uns ganz hinten auf der Agenda.“

Weitere Informatio­nen zum Thema unter: www.bibliothek­sverband.de

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