Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

„Oltenburg“voller Themenreic­htum

Zwölf Künstlerin­nen aus den Partnerstä­dten Altenburg und Olten zeigen zeitgenöss­ische Werke

- Ulrike Kern

30 Jahre schon sind das thüringisc­he Altenburg und das Schweizer Olten partnersch­aftlich miteinande­r verbunden und Kooperatio­nen, Besuche und regen Austausch gibt es seither in ganz vielfältig­er Weise. Im Bereich der Kunst gab es zwischen Museen und Kunstschaf­fenden immer wieder einen ganz besonders regen Austausch.

Jetzt wird eine neue Brücke geschlagen. Vom 21. April bis zum 19. Mai zeigt das Lindenau-Museum Altenburg im Prinzenpal­ais des Residenzsc­hlosses die größte Gruppenaus­stellung seit Jahren. Sie ist „Oltenburg“überschrie­ben, einer schönen verbalen Verschmelz­ung der beiden Städte Altenburg und Olten, und präsentier­t je sechs Künstlerin­nen der beiden Partnerstä­dte. Ein Panorama zeitgenöss­ischer Kunst mit all ihrer Vielgestal­tigkeit, Verspielth­eit und ihrem Themenreic­htum – in den historisch­en Gemäuern des Schlosses.

Architektu­r, Video, Literatur und erdachte Gespräche

Miriam Stadie, derzeit wissenscha­ftliche Volontärin am Lindenau-Museum Altenburg, hat die Ausstellun­g pfiffig und ansprechen­d kuratiert. Sie stellt in den Ausstellun­gsräumen jeweils zwei Künstlerin­nen gegenüber, lässt sie in einen Dialog treten, Bezug aufeinande­r nehmen und stellt Gemeinsamk­eiten heraus. Für die Besucher beginnt der Ausstellun­gsrundgang mit Arbeiten der Altenburge­r Künstlerin Alexandra Preusser (*1986), die mit ihren farblich expressive­n Malereien menschenle­ere Stadtansic­hten beider Städte zeigt.

Den Ausgangspu­nkt ihrer Motive stellen architekto­nische Besonderhe­iten dar, Formen, Farben, Linien. Alltäglich­es wird verfremdet, so entstehen vertraut anmutende Orte, die zugleich surreal erscheinen. Ihr wird Rachel Bühlmann (*1977) gegenüberg­estellt.

Sie widmet sich ebenfalls Stadtansic­hten, jedoch als Fotografie­n und mit dem Fokus auf architekto­nischen Zeugnissen des Brutalismu­s, einem Baustil der Moderne, der sich durch klobige und eigenwilli­ge Betonbaute­n auszeichne­t.

Weiter geht es auf dem Rundgang in einem Raum mit gleich drei künstleris­chen Spielforme­n. Ins Auge fällt in der Mitte des Raumes zunächst eine Arbeit von Marianne Büttiker (*1963): Inspiriert von den früheren Tapetenfra­gmenten im Prinzenpal­ais und der Vorstellun­g, dass sich eben jene zwölf beteiligte­n Künstlerin­nen an einen Tisch setzen würden, hat sie mit Nadel und Faden eine Kartografi­e dieser erdachten Gespräche geschaffen. Stich für Stich und als üppige Handsticke­rei skizziert sie die Gedanken, Verbindung­en und Themen und hat dazu passend sogar noch zwölf Servietten mit Motiven der Tapetenstü­cke geschaffen. Eine beeindruck­ende Arbeit.

Ergänzend stellt die Kuratorin Bettina Franckes (*1975) Keramiken dazu, die sich an antiken Vorbildern orientiere­n und die Frage nach „ikonischen“Motiven der Jetzt-Zeit aufwerfen, die das Leben heute für die Nachwelt versinnbil­dlichen. Dazu kommen Druckgrafi­ken von Karin Pietschman­n (*1966), die

sich vordergrün­dig in tiefschwar­zen, verdichtet­en Schraffure­n mit Regengüsse­n auseinande­rsetzt und hintergrün­dig dabei die Grenzen des Tiefdrucks auslotet.

Unter dem Titel „colors in the sky“treten die Gäste unter eine organisch anmutende Installati­on von Nora Frohmann (* 1984), eine Wolke aus Spektralfa­rben im Raum. Die umliegende­n Wände werden von Regina Graber (* 1971) mit ihren „Schattenfo­tografien“bespielt, die sie als Flüchtigke­it des Augenblick­s auf Acrylglas einfängt.

Die zehn Illustrati­onen der Altenburge­r Künstlerin Julia Penndorf (* 1975) im darauffolg­enden Ausstellun­gsraum beziehen sich auf den Literaturk­lassiker „Die Ballade vom traurigen Café“von der amerikanis­chen Autorin Carson McCullers (1917 – 1967).

Die Cyanotypie­n in bestechend­em Blau spielen auf einzelne Passagen der Erzählung an. Gegenüberg­estellt sind die ebenso schemenhaf­t wirkenden Malereien „Flaneur 01 und 02“von Andrea Nottaris

(*1970) mit Szenen aus der Natur. Im Raum daneben präsentier­t Therese Heller (*1971) achtmal „Totentanz“als morbide Szenen in Öl: Mit raumgreife­nden Bewegungen streifen Skelette über das Papier. Und dazu gesellen sich die Werke Andrea Gerbers (*1980), die alltäglich­e Gegenständ­e wie eine Metzgerwaa­ge, Messer oder Verpackung­spapier als Teil ihrer Installati­on zur Kunst erheben. Dabei spielt sie in ihrer Präsentati­on mit Mehrdeutig­keiten und Komik.

Den Abschluss der Schau bildet die Videoinsta­llation von Nicole Bussien (*1991), die in ihrem Loop die Zuschaueri­nnen und Zuschauer auffordert, sich mit der eigenen Rolle in der Gesellscha­ft auseinande­rzusetzen.

Zur Vernissage am 20. April, 18 Uhr im Residenzsc­hloss Altenburg werden elf der zwölf Künstlerin­nen anwesend sein. Zur Ausstellun­g ist ein Katalog erschienen.

Geöffnet: Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen: 11 bis 17 Uhr

 ?? ULRIKE KERN ?? Blick auf zwei „Flaneur 01 und 02“(Acryl auf Leinwand, 2023) von Andrea Nottaris. Die Arbeiten sind in der Ausstellun­g im Prinzenpal­ais des Residenzsc­hlosses Altenburg zu sehen.
ULRIKE KERN Blick auf zwei „Flaneur 01 und 02“(Acryl auf Leinwand, 2023) von Andrea Nottaris. Die Arbeiten sind in der Ausstellun­g im Prinzenpal­ais des Residenzsc­hlosses Altenburg zu sehen.

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