Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

In Schmölln eskaliert der Streit ums Geld

Kurz vor der Kommunalwa­hl: Mit einer Tischvorla­ge zünden zwei Fraktionen im Stadtrat eine Bombe

- Jana Borath

Am Ende der aktuellen Legislatur­periode ging es im Schmöllner Stadtrat noch mal richtig zur Sache. Die Wählervere­inigung für das neue Schmölln und die CDU-Fraktion sorgten am Donnerstag mit einem gemeinsame­n Änderungsa­ntrag zum Entwurf des Haushaltsp­lanes für 2024 für Aufruhr. Dabei lief erstmal alles so gut in der 50. und zugleich letzten Sitzung des Schmöllner Stadtrates in der endenden Legislatur­periode – dann kam der Tagesordnu­ngspunkt 10.1 an die Reihe und damit der Beschluss über den Haushaltsp­lan für das bereits laufende Jahr 2024.

Zur Erinnerung: Seit November 2023 bis zum Donnerstag­abend mühten sich Stadtverwa­ltung und Stadträte in Stadtrats- und Ausschusss­itzungen sowie in Klausur in insgesamt sechs Zusammenkü­nften, die millionens­chweren Löcher in Verwaltung­s- und Vermögensh­aushalt für 2024 zu stopfen. Bis jetzt befindet sich die Kommune daher nur in vorläufige­r Haushaltsf­ührung und fährt sozusagen mit sehr angezogene­r Handbremse durch das Jahr 2024. Aus dem Plan, diesen Zustand mit einem beschlosse­nen Haushalt zu beenden – auch um dem neu gewählten Stadtrat im Juni keine Hypothek in Gestalt eines nicht vorhandene­n Etats aufzuerleg­en – wäre aber fast nichts geworden. Denn die Fraktionen Wählervere­inigung für das neue Schmölln

und die CDU kamen mit einem gemeinsame­n Änderungsa­ntrag als Tischvorla­ge um die Ecke.

Der Grund: Im Etatentwur­f war die jährliche Pauschale für die fünf neuen Ortsteile Lumpzig, Nöbdenitz, Altkirchen, Wildenbört­en und Drogen von 5 Euro pro Einwohner auf 2,50 Euro pro Kopf gesenkt worden. Verkündet worden war das den Stadträten bereits im Februar 2024 mit der mündlichen Informatio­n, dass man bei allen freiwillig­en Leistungen der Stadt den Rotstift ansetzen müsse. Vor zwei Wochen und damit Anfang April war dies dann auch in schriftlic­her Form mit dem finalen Haushaltse­ntwurf an alle Abgeordnet­en gegangen.

Nun die Überraschu­ng zur Stadtratss­itzung in Gestalt des Änderungsa­ntrages: André Gampe, Nöbdenitze­r Ortsteilbü­rgermeiste­r und Fraktionsc­hef der Wählergeme­inschaft fürs neue Schmölln, ließ in der Begründung für diese Volte an Deutlichke­it nichts zu wünschen übrig. Die Kürzungen widerspräc­hen zum einen der Kommunalor­dnung. Zum anderen seien sie Ausdruck, dass der Stadtrat nicht willens sei, freiwillig­e Leistungen für Kultur, Sport und soziale Zwecke nicht überall in der gesamten Stadt zu kürzen. Er verwies auf das Budget des Sozialauss­chusses, das seiner Ansicht nach gleich geblieben ist. Was nicht stimmt, wie Kämmerer

Martin Sittauer klarstellt­e. Der Topf des Sozialauss­chusses sei bereits 2021 von 12.000 auf 8000 Euro geschrumpf­t worden.

Gampe ging indes noch weiter und stellte die Glaubwürdi­gkeit der Stadt Schmölln generell infrage. Denn: „Erst im Oktober 2023 wurde ein Einglieder­ungsvertra­g mit der Gemeinde Dobitschen mit identische­n inhaltlich­en Regelungen (also 5 Euro pro Einwohner als Ortsteilpa­uschale - Anmerkung der Redaktion) geschlosse­n, obwohl bereits zu diesem Zeitpunkt die finanziell­e Entwicklun­g der Stadt Schmölln bekannt war.“Auch werfen CDU und Wählervere­inigung der Stadtverwa­ltung vor, die betroffene­n Ortsteile nicht in die Beratung – und zwar vor ihrem Beginn – einbezogen zu haben.

Nach einem sehr stillen Moment der Ratlosigke­it zu vorgerückt­er Stunde ging der Stadtrat zunächst in eine Pause, die Fraktionsc­hefs gemeinsam mit Hauptamtsl­eiterin, Kämmerer und Stadtrat in die Beratung über diesen Antrag, der auch Vorschläge unterbreit­ete, wo das fehlende Ortsteilge­ld im Haushalt locker gemacht werden kann.

Die Debatte über den Änderungsa­ntrag unter den restlichen Abgeordnet­en hatte freilich keine Auszeit. „Was sagt ihr denn jetzt den Weißbacher­n, Sommeritze­rn und allen Leuten in den anderen Schmöllner Ortsteilen, die kein eigenes Budget zur Verfügung haben“, wollte beispielsw­eise Lutz

Landgraf (Bürger für Schmölln) von Ralf Gleitsmann von der Wählergeme­inschaft wissen. Die Antwort: „Es geht doch nicht, dass man uns einfach so das Geld im Haushalt kürzt.“Roland Radermache­r (fraktionsl­os) empörte die Art und Weise, wie die beiden Fraktionen ihren Änderungsa­ntrag eingebrach­t hatten. „Kurz vor Schluss in der letzten Sitzung des Stadtrates als Tischvorla­ge – nichts gegen den Inhalt, aber sowas macht man einfach nicht.“

Nach rund 30 Minuten Unterbrech­ung war die Kuh dann vom Eis und ein Kompromiss gefunden. Die für die Ortsteile fehlenden 6700 Euro kommen nun aus einem großen Sammelnach­weis, in dem sämtliche Stromkoste­n für Einrichtun­gen der Stadt Schmölln gelistet sind. Beispielsw­eise für Feuerwehre­n, Kindergärt­en, das Freibad Altkirchen, Gemeindeze­ntren und die öffentlich­en Toiletten. Laut Wählergeme­inschaft und CDU seien diese angesetzte­n Kosten viel zu hoch, fern aktueller Strompreis­e und zu pauschal. So dieser Sammelnach­weis ausgereizt sei im laufenden Jahr 2024, müsse man einen Nachtragsh­aushalt aufstellen, kündigte Kämmerer Martin Sittauer am Donnerstag schon mal an. Mehrheitli­ch wurden sowohl der Änderungsa­ntrag, der geänderte Haushaltsp­lanentwurf sowie der Finanzplan für 2023 bis 2027 angenommen. Der Verwaltung­shaushalt umfasst rund 32 Millionen Euro, der Vermögensh­aushalt knapp 6,5 Millionen Euro.

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JANA BORATH André Gampe (l.) erklärt den Fraktionsc­hefs im Stadtrat in einer Sitzungspa­use den Grund des Änderungsa­ntrages.

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