Ostthüringer Zeitung (Schmölln)
Ein Rezept für schwere Zeiten
Gibt es ein Rezept, wie ein Text, wie diese Gedanken zum Wochenende zu schreiben sind? Oder gibt es gar ein Rezept fürs Leben, wenn wir nicht wissen, wie es weitergeht? Für uns Christen gibt es eins – der Glauben an die Osterbotschaft und die Auferstehung Jesu Christi. Aber wie ist es im täglichen Auf und Ab?
Ich gebe zu, da hält der eigene Glaube nicht immer stand und Zweifel an der frohen Botschaft treten auch bei mir hin und wieder auf. In solch einer Phase ist mir vor Jahren ein Gedicht von Mascha Kaléko in die Hände gefallen, das mir hilft, den Text zu schreiben und vielleicht auch manchem Leser, eigene Ängste abzubauen…
Jage die Ängste fort und die Angst vor den Ängsten. Für die paar Jahre wird wohl alles noch reichen. Das Brot im Kasten und der Anzug im Schrank. Sage nicht mein. Es ist dir alles geliehen. Lebe auf Zeit und sieh, wie wenig du brauchst. Richte dich ein. Und halte den Koffer bereit. Es ist wahr, was sie sagen: Was kommen muss, kommt. Geh dem Leid nicht entgegen. Und ist es da, sieh ihm still ins Gesicht. Es ist vergänglich wie Glück. Erwarte nichts. Und hüte besorgt dein Geheimnis. Auch der Bruder verrät, geht es um dich oder ihn. Den eignen Schatten nimm zum Weggefährten. Feg deine Stube wohl. Und tausche den Gruß mit dem Nachbarn. Flicke heiter den Zaun und auch die Glocke am Tor. Die Wunde in dir halte wach unter dem Dach im Einstweilen. Zerreiß deine Pläne. Sei klug Und halte dich an Wunder. Sie sind lang schon verzeichnet im großen Plan. Jage die Ängste fort und die Angst vor den Ängsten.
Kalékos Gedichte berühren mich immer wieder neu. Vielleicht, weil sie als jüdische Emigrantin mehrmals ihre Heimat verlassen musste. Eines ihrer Gedichte heißt „Als Heimat erkor ich mir die Liebe“. Was für eine wunderbare großmütige Idee steckt dahinter. Vielleicht lassen Sie sich darauf ein und stöbern in der Bibliothek oder im Internet nach dieser Autorin. Und vielleicht gibt das Rezept auch Ihnen etwas Wunderglauben.