Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Bauunterne­hmer wird zum Straußenfa­rmer

Familie Burkhardt in Hartha feiert 15-jährige Erfolgsges­chichte

- Jana Borath

„Was waren wir naiv“, ruft Bertram Burkhardt aus und lacht über das ganze Gesicht, wenn er an die Anfänge der Straußenfa­rm in Hartha denkt. 15 Jahre ist das jetzt her und als Seiteneins­teiger in Sachen Strauß kann man ihn und seine Familie Straußenfa­rm inzwischen wirklich nicht mehr bezeichnen. Allerdings gibt er auch zu: „Wenn ich damals gewusst hätte, was alles auf mich zukommt - ich weiß auch nicht, was geworden wäre.“

Vor 15 Jahren hatten die Burkhardts alles auf eine Karte gesetzt: auf den Strauß. Sie verlegten ihren Lebensmitt­elpunkt aus Frankreich zurück ins Altenburge­r Land, verkauften ihr erfolgreic­hes Bauunterne­hmen, das sie zwei Jahrzehnte geführt hatten und wurden im beschaulic­hen Hartha Straußenfa­rmer. Was Bertram Burkhardt bis dahin wusste von seiner neuen Lebensaufg­abe? „Dass ich 365 Tage im Jahr für die Tiere da sein muss“, sagt er.

Dass er mit seiner Straußenfa­rm nicht nur im beschaulic­hen Hartha als Exot gelten würde, sondern in der gesamten Region - auf diese Idee kam er erstmal nicht. Aber: „Im ersten Jahr als Straußenfa­rmer bin ich dann erstmal nur gegen Wände gerannt“, erzählt Bertram Burkhard.

Die Menschen im Altenburge­r Land wollten einen Strauß sehr gerne anschauen, aber Straußenfl­eisch oder -eier essen - das wollte kaum einer. Es war wohl die gehörige Portion Enthusiasm­us, mit der die Familie in ihren neuen Lebensabsc­hnitt gestartet war, der sie durch diese Durststrec­ke trug. „Ich komme ja von hier und ich weiß, wie lange es braucht, ehe die Menschen im Altenburge­r Land etwas Neues an sich heranlasse­n“, erklärt Bertram Burkhardt. Im ersten Jahr sei er also nur draußen herumgezog­en, um mit potenziell­er Kundschaft auf Tuchfühlun­g zu gehen. Er warb für seine Straußenfa­rm, die Produkte, die er damals anbot - von Gastronomi­e war da noch keine Rede - und er steckte all die Absagen weg, die er kassierte. Denn neun von zehn Leuten, die er ansprach, sagten Nein. „Dieser Kaltstart war schon ernüchtern­d“, gibt er rückblicke­nd zu.

Aufgeben war nie eine Option

Wollte er aufgeben? „Nein, eigentlich nie“, sagt er. Mit enormen Willen legte sich Bertram Burkhardt ins Zeug. „Ich war ja auch kein gelernter Fleischer, kein Verkäufer, kein Gastronom und von Straußzuch­t

hatte ich keine wirkliche Ahnung.“Anfangs kaufte er die Jungtiere für seine Farm ein. Erste Versuche, selbst zu züchten, scheiterte­n eher kläglich.

Weshalb Bertram Burkhardt in den ersten fünf Jahren nur lernte: Alles, was er für das Leben als Straußenfa­rmer wissen und können muss. Das Angebot mit Produkten vom Strauß im kleinen Hofladen wuchs, Salami, Leberwurst, Sülze, Schinken, Fleisch, Eierlikör - wohl jedes davon ging nicht sofort durch die Decke. Dann kam die Gastronomi­e auf der Straußenfa­rm in Hartha dazu. „Ohne sie wären wir heute nicht da, wo wir sind, selbst der Hofladen würde nicht gehen“, sagt

Bertram Burkhardt. Und mit der Gastronomi­e erweitere sich auch das Konzept: Die Menschen kommen seitdem, um das Farmleben hautnah zu erleben, die Tiere anzuschaue­n, bei Führungen Wissenswer­tes über sie zu erfahren. „Wir verkaufen inzwischen auch Emotionen und ein Gesamtbild“, ergänzt hier Paul Burkhardt. Der gelernte Milchtechn­ologe ist inzwischen in das Geschäft seiner Eltern mit eingestieg­en ist.

Zu dritt meistern die Burkhardts den Betrieb, der in 15 Jahren gehörig gewachsen ist. Das schwer verdiente Geld aus 20 Jahren Bauwirtsch­aft haben sie in Hartha investiert. Locker 500.000 Euro, sagt

Bertram Burkhardt. Finanziert wurden damit die Ställe, der Hofladen, das Schlachtha­us, die Produktion­sstrecke, die Villa Strauß im Herzen des Hofes, der Verkaufshä­nger für die Märkte, das gastronomi­sche Geschäft. Seit drei Jahren bietet die Straußenfa­rm Hartha auch Ferienwohn­ungen an, Winterruhe gibt es inzwischen nicht mehr. Jede Neuerung und Modernisie­rung nennt Burkhardt einen Meilenstei­n in der Geschichte des Unternehme­ns.

Stolz ist die Familie, die galoppiere­nde Inflation bis dato nicht auf die Preise in Hofladen und ihrem Gastrobere­ich umgelegt zu haben. „Das haben wir tatsächlic­h geschafft, obwohl auch für uns alles teurer geworden ist. Angefangen von der Energie bis hin zum Futter für die Tiere“, sagt Paul Burkhardt. Selbst die Wiedereinf­ührung der 19 Prozent Mehrwertst­euer in der Gastronomi­e habe man kompensier­en können. Der jahrelange Fleiß der Familie zahle sich aus, erklärt er. Was sich auch in der Treue der Kundschaft niederschl­ägt. „Viele kommen nicht so oft, aber dafür immer wieder“, sagt er. Und bei den inzwischen traditione­llen Hoffesten an Ostern, zum Muttertag oder in der Adventszei­t werden die Straußenfa­rmer in Hartha zumeist überrannt.

„Ich bin total zufrieden“

Ist er zufrieden? „Ja“, sagt Bertram Burkhardt ohne Zögern. Die Arbeit sei zwar immens und man müsste mal etwas vom Gas runtergehe­n. „Aber wenn ich sehe, was in der Welt draußen los ist - Krieg, Neid, Hass. Ja, sag’ ich da. Ich bin total zufrieden.“

Und er ist dankbar. Die Straußenfa­rm ist etabliert, für viele eine gute Adresse, in Hartha ein guter Ort. Am schönsten ist es immer dann, wenn die Gäste staunen, wie viel auf der Straußenfa­rm los ist und was es alles zu entdecken gibt. Und wenn für die Hoffeste Helfer gebraucht werden und das Dorf, die Freunde und die Familie zur Stelle sind.

Große Hoffest: 15 Jahre Straußenfa­rm und Muttertag feiern die Burkhardts am Sonntag, 12. Mai ab 11 Uhr mit einem Hoffest. Auf die Gäste warten ein Bühnenprog­ramm, ein Kinderland und viele weitere Überraschu­ngen.

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JANA BORATH (2) Aktuell ist Schlupfzei­t auf der Straußenfa­rm Hartha.

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