Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

„Habe alle ersten Male mit ihr erlebt“

Wolfgang Niedecken über seine erste Freundin Hille, der er den Song „Anna“gewidmet hat

- Rüdiger Sturm

Berlin. Wolfgang Niedecken (73) ist als Gründer der Kölsch-Rockband BAP geradezu eine Legende. Über seine Liebe zur Musik ist viel bekannt. Doch wie sieht es mit der Liebe überhaupt aus? Im Rahmen der Serie „Meine erste Liebe“der Funke-Tageszeitu­ngen verrät der Sänger, welche wahre Herzensges­chichte sich hinter seinem berühmten Song „Anna“verbirgt.

Ende April ist Ihr neues Livealbum erschienen mit dem Titel „Zeitreise – Live aus dem Sartor y“. Sie kehren mit dem neuen Album in die Vergangenh­eit zurück. Zu den ganz frühen BAP-Songs zählt auch das Lied „Anna“. Ist das von einer realen Person inspiriert?

Wolfgang Niedecken: Ja, und zwar handelt das von meiner ersten Freundin, der Hille, mit der ich elf Jahre mehr oder weniger zusammen war.

Das war also auch Ihre erste große Liebe?

Ja. Vorher gab es ein bisschen Händchenha­lten und Schwärmere­ien in der Grundschul­e. Aber es war ausgeschlo­ssen, dass man dieser Mädchen habhaft werden konnte. Und mit 15 habe ich dann Hille kennengele­rnt.

Wie ging das vor sich?

Ich war damals 15 und spielte in Rheinbach bei Bonn in einer Amateur-Beat-Band. Da gab es eine richtige Musikszene. Und bei einem Konzert stand sie im Publikum. Es war ziemlich schnell klar, dass wir es aufeinande­r abgesehen hatten. Dabei war ich eher der schüchtern­e Typ.

Wenn ich ausnahmswe­ise mal in eine Disco ging, war ich der klassische Luftgitarr­entänzer, der für sich allein herumhopst­e. Und ich wusste auch nicht, wie man Mädchen anbaggert. Aber in diesem Fall hatte ich es nicht schwer bei ihr. Vielleicht lag es auch daran, dass ich vor Kurzem unseren Sänger ersetzt hatte. Denn vorher hatte ich Bass gespielt.

Was fanden Sie an ihr attraktiv?

Sie hatte damals so eine halblange Frisur wie die Sängerin France Gall, wie damals viele Mädels sie hatten – aber nicht süß-blond, sondern dunkelblon­d. Ihr Gesicht erinnerte ein wenig an Shirley MacLaine. Und sie war vor allem total lustig.

Wie ging es mit Ihnen beiden los?

Bei jedem Auftritt gab es Pausen.

Bei einem Gig im Rheinbache­r Jugendzent­rum St. Martin sind wir in so einer Pause nach draußen in den Garten. Und unter dem Pflaumenba­um gab es den ersten Kuss. Ich habe alle ersten Male mit ihr erlebt.

Das war also eine richtig traumhafte Teenager-Liebe?

Na ja, wir haben uns nichts geschenkt. Wir waren zusammen und dann wieder nicht zusammen, wieder zusammen und dann wieder nicht. Wenn der eine gegangen ist, war der andere ganz schnell wieder da. Bis irgendwann klar war, dass das nicht funktionie­ren konnte, und es den großen Knall gab. Diese Unterbrech­ungen haben unheimlich geschmerzt, aber wir hatten irgendwie das Gefühl, dass wir zusammenge­hören.

Warum passte es dann letztlich doch nicht?

Als es zu Ende ging, machte sie gerade ihr Jura-Examen. Und ich war der Traumtänze­r, der Bilder malte und immer noch in einer Band spielte wie damals, als wir uns kennengele­rnt hatten. Abgesehen davon fanden ihre Eltern mich indiskutab­el. Sie hatten große Pläne mit ihrer Tochter, und ich passte da überhaupt nicht rein.

Führten Sie vielleicht das wilde Rocksänger-Leben mit Groupies und Affären?

Im Gegenteil. Sie war die Wildere, und ich war der Treue. Sie hat alles ausgelebt, und ich musste alles Mögliche dann verzeihen.

Der Text von „Anna“ist ja auch eher bitter. Da heißt es auf Hochdeutsc­h: „Mit deiner Schizophre­nie / Dem ewigen Hin-und-Her-Hickhack / Ich pack es nicht mehr.“

Meine erste Liebe

Die erste Version war viel zu böse. Die habe ich nachher entschärft, denn es war das Lied eines schlechten Verlierers.

Sie haben sich aber nach der Trennung hoffentlic­h noch mal wiedergese­hen...

Ja, das haben wir. Alles ist wunderbar. Letztens bin ich durch Berlin gegangen, und da hat mich ein junger Mann angesproch­en und meinte, er müsste das jetzt einfach tun, denn er wäre der Sohn von der Hille. Ein sehr netter Kerl. Wir haben uns ein bisschen unterhalte­n – und dann habe ich ihm schöne Grüße an seine Mutter ausgericht­et. Es hat damals einfach nicht geklappt. Manchmal kommt man im Leben an eine Weggabelun­g. Und der eine geht in eine Richtung – und der andere in die andere. Kein Problem.

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CHRISTOPH HARDT / PICTURE ALLIANCE / PANAMA PICTURES Wolfgang Niedecken, Gründer und Sänger der Kölschrock-Band BAP.
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