Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Zwischen Rausch und Wirklichkeit
Der Geraer Kunstverein erinnert ab Donnerstag an den Berliner Maler Herbert Volkmann – Er lebte und malte exzessiv
1996 präsentiert Herbert Volkmann seine Sammlung junger US-amerikanischer, britischer und deutscher Künstler in Gera. Er zeigt Damien Hirst, Matthew Barney und Peter Doig, als sie noch ganz am Anfang ihrer Weltkarrieren stehen. Inzwischen ist Volkmann tot. Er starb 2014 im Alter von 60 Jahren. Sein ganzes Leben war von Abstürzen, Drogen und Kunst geprägt.
Der Geraer Kunstverein widmet sich in seiner Ausstellung „Dark Faces of Heaven“erneut Herbert Volkmann – aber nicht dem Sammler, sondern dem Maler. Sein exzessives Leben und die zahllosen Drogentrips dienten ihm als Fundgrube. In seinen Bildwelten tauchen Drogenbestecke wie Rauschfantasien auf.
Auf dem Gemälde „Nazi on Speed I“(2008) etwa zeigt sich der Künstler in zweifacher Ausführung beim Speedschnupfen vor dem Spiegel. In der Mitte schwebt ein kopfstehendes Hitlerhaupt, in dem zig Spritzen stecken. Drogen gaben die Nazis seinerzeit an Soldaten zur Erhöhung der Kampfstärke aus.
Tragisches Schicksalsjahr 1999
Drogenerfahrungen machte Volkmann schon sehr früh, im Alter von 17 Jahren war er Teil der Berliner Hippieszene. Der junge talentierte Zeichner konsumiert Haschisch sowie weit härtere Substanzen und malt den Kommunarden die Wohnungen aus. Der besorgte Vater, der einen Fruchthof betreibt, mag dem Treiben nicht tatenlos zuschauen. Er forciert, dass der Junge im Kunststudium wieder Halt findet.
Nach der Hochschule verstärkt Volkmann Junior den väterlichen Betrieb. Das Geld lockte, wie er später einmal sagt. Am Wochenende aber gibt er sich der Kunst hin, in wilden Performances lässt er sich beispielsweise von einer Prostituierten auspeitschen.
In der Wendezeit wächst der Fruchtgroßhandel beträchtlich. Vom Gewinn kauft der Sohn Kunst – Werke von jungen, vielversprechenden Malern, Installations- und Fotokünstlern wie Hirst und Barney. So entsteht eine der progressivsten Sammlungen in Deutschland. Doch 1999 ist Schluss. Der Fruchthof geht pleite. Herbert Volkmann muss seine Sammlung veräußern. Wenig später stirbt auch noch die Mutter.
Es folgt die nächste Krise; diesmal fällt er jedoch weitaus tiefer. Ein Wechselspiel aus Drogen, Halluzinationen, Abstürzen und Entzügen bestimmt zehn Jahre sein Leben. „Zwei Millionen soll er sich durch Nase und Adern gejagt haben“, sagt Thomas Bender, Kurator der Ausstellung und Vorstandsmitglied im Geraer Kunstverein. Erst durch den Einfluss von Künstlerfreund Jonathan Meese findet Volkmann über die Malerei zurück ins Leben.
Zunächst schafft er Drogenbilder wie das Selbstporträt von 2003, auf dem er den Kopf zur Seite dreht und zwei feststeckende Nadeln präsentiert. Auf „Contact“laben sich ein paar Insekten an den berauschenden Resten, die noch am Drogenbesteck kleben. „Die Tiere sind tatsächlich drogenaffin“, sagt Bender. Visionen von Käfern, Motten und Co. hätten aber auch oft Abhängige auf Entzug.
Das Verweben von Fiktion und Wirklichkeit zeichnet die Bilder Herbert Volkmanns aus – so auch bei „Charles und Camilla I“. Im Vordergrund sitzt das titelgebende Paar im Auto. Von außen wurden Farbbeutel gegen das Fenster geschleudert. Im Hintergrund fahren Prinzessin Diana und Dodi Al-Fayed vorbei. Camilla steht der Schreck aufgrund des fiktiven Zusammentreffens ins Gesicht geschrieben. Prominenten mit biografischen Blessuren begegnet man vielfach in Volkmanns Werken, darunter auch Amy Winehouse, Frank Sinatra und Dean Martin. Zur Eröffnung am Donnerstag um . Uhr sprechen Künstlerfreund Alexander Iskin und Volkmanns Galerist Jan-Philipp Sexauer.