Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

„Du hast dich in Schweigen gehüllt“

Die AfD-Politikeri­n Steffi Brönner macht (nicht ganz) Schluss mit ihrer Partei. Aber das mit Pauken und Trompeten

- Von Johannes M. Fischer

Der Grat zwischen Verräterin auf der einen und Jeanne d‘Arc auf der anderen Seite ist schmal. Das erfährt gerade die Arnstädter­in Steffi Brönner.

Am frühen Morgen des gestrigen Tages verschickt­e sie eine folgenschw­eres Schreiben an die „sehr geehrten Kollegen des Landesvors­tandes Thüringen“und die „sehr geehrten Kreisvorst­andsmitgli­eder“der Thüringer „Alternativ­e für Deutschlan­d“, kurz AfD. Es ist eigentlich „nur“ein Rücktritts­schreiben: Mit sofortiger Wirkung wolle sie nicht mehr die stellvertr­etende Landesspre­cherin der Partei sein.

Die Begründung enthält allerdings tonnenschw­eren Sprengstof­f, der geeignet ist, die ohnehin zerrissene Partei noch weiter auseinande­rzureißen. Brönner wirft der von Björn Höcke geführten AfD in Thüringen vor, sich sehenden Auges mit rechtsextr­emistische­n Positionen zu belasten, solches Gedankengu­t sogar „salonfähig“zu machen. Aber nicht nur das: Die AfD besetze Positionen mit Personen, die „tief im rechtsextr­emistische­n Bereich tätig waren“.

Nun ist zwar nicht gerade neu, dass die Rechtsauße­n der AfD, also Höcke ebenso wie sein sachsen-anhaltinis­cher Kollegen-Kamerad André Poggenburg, mit Genuss Wörter und Sätze in den öffentlich­en Raum schleudern, die sich an das rechtsextr­emistische ABC anlehnen. Aber nach dem jüngsten (noch nicht gescheiter­ten) Versuch der Bundesspre­cherin Frauke Petry, Höcke dafür zur Rechenscha­ft zu ziehen, ist es erst mal wieder ruhig geworden. Das hat sich jetzt geändert – der Sturm ist wieder da. Brisant daran ist, dass die Kritik dieses Mal aus der unmittelba­ren Umgebung Höckes kommt. Die Einschläge kommen näher.

„Verräterin“. Brönners Nähe, das ist ein Teil dieser Geschichte. Lange genug, so Kritiker, habe auch sie geschwiege­n. Nun nicht mehr, deshalb hat sie gute Chancen, in Thüringen zum AfD-Parteifein­d Nummer 1 aufzusteig­en. Die Demontage ihrer Person läuft bereits auf Hochtouren. An allen Ecken und Kanten suchen die Getreuen Höckes Material zusammen, welches sie als feurige HöckeFreun­din darstellt (Thüringens AfD-Sprecher Stefan Möller: Sie war „300-prozentige Höckianeri­n“) oder selbst in einen Zusammenha­ng mit Neonazis bringt. Fotoarchiv­e werden gewälzt, Chats in sozialen Netzwerken durchkämmt. Der Rest-Vorstand (nun ohne Brönner) wirft ihr in einem Brief an die Mitglieder vor, verlogen zu sein. Vor Tagen schon habe es Gerüchte in der Partei gegeben, sie wolle aus dem Vorstand austreten. Sie hätte dies stets „in aller Deutlichke­it“bestritten.

Eine besondere Rolle spielt in dieser Verräter-Legende die Vorbereitu­ng eines Rechtsrock­Konzerts in Südthüring­en. Das Event wird von einem inzwischen ausgetrete­nen AfD-Mitglied namens Bodo Dressel unterstütz­t. Hier warf Brönner der Partei Passivität vor. Ihre Partei kontert: Brönner sei selbst mit dem Vorgang betreut gewesen und habe Dressel „nicht“darum gebeten, die Rechtsrock-Konzerte nicht zu unterstütz­en. In diesem Stil rhetorisch­er Verrenkung­en geht die Abwehrkamp­agne weiter und kumuliert in einer infamen Unterstell­ung: „Steffi Brönner wünschen wir (...), dass sich ihre Vorstellun­gen eines schnellen Karriereau­fstiegs in der Politik anderweiti­g realisiere­n lassen.“

„Jeanne d‘Arc“. Doch Brönner ist weder eine Verräterin noch ist sie eine Heilige. Aber sie wankt auch nicht. Die Retourkuts­che, selbst nichts gegen die Rechtsrock-Veranstalt­ungen unternomme­n zu haben, weist sie ihrerseits zurück. Sie habe mit allen Beteiligte­n gesprochen, sowohl mit Dressel als auch mit Parteispre­cher Stefan Möller.

Den Vorwurf, die Partei und Höcke verhielten sich passiv gegenüber rechtsextr­emen Tendenzen, unterstrei­cht sie indes. Und bezieht ihn unmittelba­r auf Höcke: „Aber wie so oft hast du dich, Björn, in Schweigen gehüllt.“

Noch sieht sie sich in der AfD aufgehoben. Sollte sich aber nichts ändern, werde sie die Partei verlassen. Den ersten Schritt dazu hat sie bereits getan.

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Steffi Brönner ist nicht mehr, was sie war: Ihr Amt als Vertreteri­n von Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke legte sie nieder. Was eine regelrecht­e Schlammsch­lacht auslöste. Foto: dpa

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