Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Thüringen will rezeptfrei­e Cannabisab­gabe

Bundesrat befasst sich morgen mit einer Änderung des Betäubungs­mittelgese­tzes. Drei Länder fordern wissenscha­ftliche Modellvers­uche mit kontrollie­rter Abgabe

- Von Peter Rathay

Thüringen und Bremen haben im Bundesrat einen Antrag zu einem liberalere­n Umgang mit Cannabis eingereich­t. In diesem fordern sie die Bundesregi­erung auf, eine Änderung des Betäubungs­mittelgese­tzes einzuleite­n. „Es geht in erster Linie darum, eine Rechtsgrun­dlage für wissenscha­ftlich begleitete Modellproj­ekte zu schaffen“, erklärt dazu Babett Pfefferlei­n, die gesundheit­spolitisch­e Sprecherin der Grünen.

Erwachsene sollen demnach ohne ärztliches Rezept übliche Gebrauchsm­engen von Cannabis erhalten können. Modellvers­uche in Portugal oder den USA hätten bereits gezeigt, dass die regulierte Abgabe von Cannabis nicht automatisc­h zu einer Ausweitung des Drogenkons­ums führt, erläutert Babett Pfefferlei­n weiter. „Wir sind außerdem überzeugt, dass eine kontrollie­rte Ausgabe die Schwarzmar­ktverkäufe deutlich eindämmen würde.“

Bis zu 10 Gramm Cannabis sind erlaubt

Große Erfolgscha­ncen werden dem Antrag der insgesamt drei Bundesländ­er indes nicht eingeräumt. Denn aufgrund einer abschlägig­er Empfehlung­en des federführe­nden Gesundheit­sausschuss­es wird die Mehrheit im Rat morgen wohl gegen Bremen, Thüringen und Berlin stimmen.

Doch es bewegt sich was beim Thema Cannabis. So wurde erst kürzlich die Verwendung in der Schmerz- und Palliativm­edizin deutlich erleichter­t. Und in Thüringen hat die rot-rot-grüne Koalition bereits Anfang des Jahres die sogenannte „geringe Menge“Cannabis, bis zu der Strafverfa­hren gegen Konsumente­n eingestell­t werden können, auf 10 Gramm angehoben. Zuvor waren es sechs Gramm gewesen. „Damit haben wir eine Vereinbaru­ng des Koalitions­vertrages umgesetzt“, erklärt Justizmini­ster Dieter Lauinger (Grüne). Positiver Nebeneffek­t: Die Strafverfo­lgungsbehö­rden werden spürbar entlastet.

Die Rundverfüg­ung gilt allerdings nicht, wenn von der Tat eine Fremdgefäh­rdung ausgeht, was beispielsw­eise in Schulen, Krankenhäu­sern oder Diskotheke­n, insbesonde­re aber auch im Straßenver­kehr der Fall ist. „Die neue Regelung ist ein weiterer Schritt hin zu einer modernen, effektiven Drogenpoli­tik – aber kein Freibrief“, sagt Lauinger weiter.

Der Deutsche Hanfverban­d, der auch einen Sitz in Thüringen hat, bezeichnet das Engagement Thüringens als ein wichtiges politische­s Signal. „Es sind kleine Schritte – aber es geht ganz klar in Richtung Entkrimina­lisierung“, erklärt Verbandssp­recher Georg Wurth.

Auch bei der Thüringer Landesstel­le für Suchtfrage­n beobachtet man die politische­n Vorstöße aufmerksam. „Eine effiziente Drogenpoli­tik funktionie­rt nur mit Prävention, risikomini­mierenden Maßnahmen für Suchtkrank­e und Entkrimina­lisierung von Konsumente­n“, erklärt die Leiterin Dörte Peter. Gleichzeit­ig wies sie darauf hin, dass das Thema Legalisier­ung in den rund 150 Suchtselbs­thilfegrup­pen in Thüringen kontrovers diskutiert werde. Denn mittlerwei­le liegt das Alter der Erstkonsum­enten bei 15,7 Jahren. „Unser oberstes Ziel ist und bleibt das suchtfreie Leben“, so Peter.

Auch der gesundheit­spolitisch­e Sprecher der CDU, Christoph Zippel, befürchtet, dass derzeit die falschen Anreize gesetzt würden. „Liberalisi­erung und Legalisier­ung verharmlos­en die Gefahren der Droge“, erklärt der Politiker.

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Der Einsatz von Cannabis in der Schmerzmed­izin ist bereits erleichter­t worden. Foto: Matt Masin, dpa

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