Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Thüringen will rezeptfreie Cannabisabgabe
Bundesrat befasst sich morgen mit einer Änderung des Betäubungsmittelgesetzes. Drei Länder fordern wissenschaftliche Modellversuche mit kontrollierter Abgabe
Thüringen und Bremen haben im Bundesrat einen Antrag zu einem liberaleren Umgang mit Cannabis eingereicht. In diesem fordern sie die Bundesregierung auf, eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes einzuleiten. „Es geht in erster Linie darum, eine Rechtsgrundlage für wissenschaftlich begleitete Modellprojekte zu schaffen“, erklärt dazu Babett Pfefferlein, die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen.
Erwachsene sollen demnach ohne ärztliches Rezept übliche Gebrauchsmengen von Cannabis erhalten können. Modellversuche in Portugal oder den USA hätten bereits gezeigt, dass die regulierte Abgabe von Cannabis nicht automatisch zu einer Ausweitung des Drogenkonsums führt, erläutert Babett Pfefferlein weiter. „Wir sind außerdem überzeugt, dass eine kontrollierte Ausgabe die Schwarzmarktverkäufe deutlich eindämmen würde.“
Bis zu 10 Gramm Cannabis sind erlaubt
Große Erfolgschancen werden dem Antrag der insgesamt drei Bundesländer indes nicht eingeräumt. Denn aufgrund einer abschlägiger Empfehlungen des federführenden Gesundheitsausschusses wird die Mehrheit im Rat morgen wohl gegen Bremen, Thüringen und Berlin stimmen.
Doch es bewegt sich was beim Thema Cannabis. So wurde erst kürzlich die Verwendung in der Schmerz- und Palliativmedizin deutlich erleichtert. Und in Thüringen hat die rot-rot-grüne Koalition bereits Anfang des Jahres die sogenannte „geringe Menge“Cannabis, bis zu der Strafverfahren gegen Konsumenten eingestellt werden können, auf 10 Gramm angehoben. Zuvor waren es sechs Gramm gewesen. „Damit haben wir eine Vereinbarung des Koalitionsvertrages umgesetzt“, erklärt Justizminister Dieter Lauinger (Grüne). Positiver Nebeneffekt: Die Strafverfolgungsbehörden werden spürbar entlastet.
Die Rundverfügung gilt allerdings nicht, wenn von der Tat eine Fremdgefährdung ausgeht, was beispielsweise in Schulen, Krankenhäusern oder Diskotheken, insbesondere aber auch im Straßenverkehr der Fall ist. „Die neue Regelung ist ein weiterer Schritt hin zu einer modernen, effektiven Drogenpolitik – aber kein Freibrief“, sagt Lauinger weiter.
Der Deutsche Hanfverband, der auch einen Sitz in Thüringen hat, bezeichnet das Engagement Thüringens als ein wichtiges politisches Signal. „Es sind kleine Schritte – aber es geht ganz klar in Richtung Entkriminalisierung“, erklärt Verbandssprecher Georg Wurth.
Auch bei der Thüringer Landesstelle für Suchtfragen beobachtet man die politischen Vorstöße aufmerksam. „Eine effiziente Drogenpolitik funktioniert nur mit Prävention, risikominimierenden Maßnahmen für Suchtkranke und Entkriminalisierung von Konsumenten“, erklärt die Leiterin Dörte Peter. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass das Thema Legalisierung in den rund 150 Suchtselbsthilfegruppen in Thüringen kontrovers diskutiert werde. Denn mittlerweile liegt das Alter der Erstkonsumenten bei 15,7 Jahren. „Unser oberstes Ziel ist und bleibt das suchtfreie Leben“, so Peter.
Auch der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Christoph Zippel, befürchtet, dass derzeit die falschen Anreize gesetzt würden. „Liberalisierung und Legalisierung verharmlosen die Gefahren der Droge“, erklärt der Politiker.