Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Olympiasieger Ludwig: Sagan-Ausschluss ein Fehlurteil
Radsport-Star aus Gera sieht kein falsches Verhalten des Slowaken und hält Massensprint immer für grenzwertig
Gera. Es ist der Aufreger der Tour de France: Weltmeister Peter Sagan ist nach seiner Ellenbogen-Attacke gegen Mark Cavendish nach der 4. Etappe von der Jury ausgeschlossen worden. Olympiasieger Olaf Ludwig (57) aus Gera war einst selbst ein Weltklasse-Sprinter und eroberte bei der Tour de France im Jahre 1990 das Grüne Trikot des bestens Sprinter. Wir sprachen mit ihm über den heftig diskutierten Sagan-Ausschluss. Weltmeister Sagan wurde von der Tour des France ausgeschlossen. Ein zu hartes Urteil? Es ist aus meiner Sicht ein klares Fehlurteil. Wie begründen Sie das? Ein Massensprint im Radsport ist immer grenzwertig. Der Sturz von Mark Cavendish hat bereits begonnen, bevor Sagan den Ellenbogen nach außen fährt. Er hatte zuvor die Hände am Lenker, ist keine Schlangenlinie gefahren. Cavendish wollte in eine Lücke sprinten, wo keine war. Aber Sagan hat Cavendish mit dem Ellenbogen getroffen... Ohne Körperkontakt kommt man in solch einem Sprint nicht aus. Ja, es war ein hartes Manöver. Aber dort, wo Cavendish hingefahren ist, wäre es ohne Rempler nicht gegangen. Es gab drei Möglichkeiten für ihn. Er hätte Sagan wegschieben müssen, in die Balustrade fahren oder bremsen. Aber bremsen, das macht kein Sprinter, wenn es um den Sieg geht. Und kein Sprinter macht da einfach Platz. Dass sich Cavendish verletzt hat, ist für ihn natürlich schade. Sie hätten also auch eine mildere Strafe kritisiert? Ja, auch ein Punktabzug in der Wertung um das Grüne Trikot wäre für mich nicht die Lösung gewesen. Was bedeutet dieses Urteil nun für die kommenden Sprints bei dieser Tour de France? Nach dieser Entscheidung werden sich die Fahrer vorher genau überlegen, was sie machen. Hat ein Fahrer aber genau das tatsächlich im Hinterkopf, wenn es um den Sieg geht? Nein, das glaube ich auch nicht. In solchen Situationen denkst du als Fahrer nicht nach. Da siehst du nur den Zielstrich und willst gewinnen. Ging es ähnlich hart zu, als Sie einst bei Friedenfahrt und Tour de France dabei waren? Die Leistungsdichte ist heute noch größer, die Geschwindigkeit noch höher geworden. Aber auch damals hat sich im Sprint niemand etwas geschenkt. Und Fahrer, die mit allen Mitteln versuchen, den Sieg zu erringen, gibt es immer. Wie schätzen Sie die Chancen der deutschen Fahrer bei den restlichen Sprintetappen ein? Die sind hervorragend. Andre Greipel hat gezeigt, dass er vorn dabei ist. Marcel Kittel hat schon eine Etappe gewonnen und seine Form stimmt. Und wenn Peter Sagan jetzt draußen ist, hat vielleicht auch John Degenkolb bei schweren Sprints noch bessere Chancen.