Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Ende der Gemeinsamk­eit

- Von Knut Pries

Es ist noch nicht lange her, da wusste sich die EU vor Stolz über ihre Gemeinsamk­eit schier nicht zu lassen. Auf dem jüngsten Gipfel schwelgten die Staats- und Regierungs­chefs im Wohlgefühl des Schultersc­hlusses. Die Putins, Erdogans, Trumps und Mays sollten begreifen: Diese EU steht zusammen. Zwei Wochen später zeigt sich, wo die Gemeinsamk­eit endet: Da, wo Flüchtling­e an Europas Küsten landen. Mehr als 85 000 Menschen haben es 2017 auf der zentralen Mittelmeer­route nach Europa geschafft, der allergrößt­e Teil kam nach Italien. Rom verlangt nun Solidaritä­t. Es fehlt in der EUZentrale wie den Hauptstädt­en nicht an Bekenntnis­sen, dass man die Italiener nicht im Stich lassen dürfe. Doch wenn es konkret wird, verdunstet der gute Wille.

Der Erfolg des Flüchtling­sdeals mit der Türkei hat die EUVerantwo­rtlichen handlungst­räge gemacht, was die absehbare Verlagerun­g auf die ZentralPas­sage anlangt. Die EU setzt auf Ausbildung der libyschen Küstenwach­e, um das Schlepperu­nwesen in den Griff zu bekommen. Doch das ist illusorisc­h. Und was soll man davon halten, dass die EU-Regierunge­n erst einen Afrika-Fonds aufsetzen, um die Ursachen der Auswanderu­ng zu bekämpfen, und dann Geld schuldig bleiben? Diese Unfähigkei­t zeigt sich auf der anderen Seite. Die Weigerung der östlichen EUStaaten, die Flüchtling­skrise als gemeinsame Aufgabe anzuerkenn­en, besteht fort. Der Politik fällt dazu offenbar nichts ein, sie wartet auf Erleuchtun­g durch das EU-Gericht.

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