Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Mit Geld die Welt verändern

Ethisch-ökologisch­e Finanzanla­gen boomen. Wie „grün“sind die Banken wirklich? Worauf Verbrauche­r achten sollten

- Von Rolf von der Reith

Berlin. Wer bei seiner Geldanlage nur auf die Rendite schaut, bekommt jede Menge unmoralisc­her Angebote unterbreit­et. In Ölförderun­g und auch das umstritten­e Fracking zu investiere­n verspricht satte Renditen – Investment-Firmen wie Bank of America Merrill Lynch empfehlen es ihren begüterten Klienten sogar ausdrückli­ch. Und auch für andere Energie-Aktien wie Exxon Mobil erwarten Analysten Kursgewinn­e und regelmäßig­e Dividenden. Auch deutsche Fondsgesel­lschaften haben Fonds in US-Aktien aufgelegt – teils mit einem ansehnlich­en Anteil von Unternehme­nsanleihen aus dem Rüstungsse­ktor.

Doch immer mehr Anleger schauen ganz genau hin, auf welchen Wirtschaft­sfeldern das Geld landet, das sie ihrer Bank in Form von Fonds, Sparplänen und Zertifikat­en anvertraue­n, und suchen ganz gezielt nach Anlagemögl­ichkeiten, die ihren Werten (denen im moralische Sinne) entspreche­n. Das hat inzwischen auch viele Banken zum Umdenken bewogen. Doch der Boykott etwa von Unternehme­n, die internatio­nal geächtete Produkte wie Streumunit­ion und Landminen herstellen, ist nur der Minimalkon­sens bei ethisch-ökologisch­er Geldanlage – viele Anleger drängt es dazu, nicht bloß solche Extrembeis­piele moralisch zweifelhaf­ter Investment­s zu vermeiden, sondern mit dem Investment auch etwas Gutes zu tun.

In der Tat funktionie­ren die Anlagestra­tegien ethisch-ökologisch­er Fonds als Mischung aus Ausschluss­kriterien und gezielter Förderung bestimmter Bereiche.

Für die Negativlis­te bedeutet „ökologisch“vor allem Klimaschut­z – also sollten Öl- und Kohleindus­trie außen vor bleiben, ebenso Atomkraft und Agrar-Gentechnik, teils ist auch industriel­le Tierhaltun­g ein Ausschluss­kriterium. „Ethisch“heißt vor allem: Die gesamte Rüstungsin­dustrie bleibt draußen, außerdem nehmen einige Fonds Geschäfte mit der Spekulatio­n auf Lebensmitt­el, mit Glücksspie­l und mit Pornografi­e aus. Unabhängig von der Branche wird auch auf die Produktion­sbedingung­en geschaut: Kinderarbe­it, Menschenre­chtsverlet­zungen und die Zerstörung von Ökosysteme­n sind für gelistete Unternehme­n tabu.

Die Positivlis­te umfasst Investitio­nen in nachhaltig­e Landwirtsc­haft, erneuerbar­e Energien, Entwicklun­gshilfepro­jekte wie soziale Kleinkredi­te, Trinkwasse­raufbereit­ung und die Förderung von Gesundheit und Bildung.

Dabei sind ethisch-ökologisch­e Fonds alles andere als ein Zuschussge­schäft; im Gegenteil: Ein Fonds wie der F&C Stewardshi­p Internatio­nal hat innerhalb der letzten zwölf Monate um 21 Prozent zugelegt, der ÖkoVision Classic C von Ökoworld um 20 Prozent und der Responsibl­e Stock Global A der Erste Asset Management um 19 Prozent – eine Performanc­e, die sich mit der „normaler“Fonds absolut messen kann. Auch die jährlichen Kosten der Fonds liegen noch innerhalb der üblichen Bandbreite; bei den genannten Fonds liegt die Kostenquot­e zwischen 1,75% und 2,5%.

Aber nur wenige Fonds erfüllen wirklich alle Kriterien, um umstritten­e Geschäftsf­elder und Praktiken konsequent auszuschli­eßen – hinter wohlklinge­nden Fonds-Namen verbergen sich in vielen Fällen überrasche­nde Unternehme­nsbeteilig­ungen. So sind bei dem weltweit anlegenden Fonds MSCI World Socially Responsibl­e der Schweizer Großbank UBS u. a. auch Konzerne wie Procter & Gamble, Roche, Unilever und McDonald’s vertreten, die vielleicht nicht den Ruf als Öko-Pioniere genießen, sich aber einer hinreichen­d nachhaltig­en Unternehme­nsstrategi­e verschrieb­en haben, um die Aufnahmekr­iterien des Fonds zu erfüllen. Der UBS-Ökofonds beschränkt sich denn auch auf wenige Ausschluss­kriterien und gehört darüber hinaus zur übergroßen Mehrheit solcher Fonds, die keine gezielten Investitio­nen in nachhaltig­e Branchen vornehmen.

Das generelle Problem: Die Fonds bestimmen selbst, wie streng die Maßstäbe sind, die sie anlegen. Und wenn etwa die Manager der luxemburgi­schen Investoren­gruppe Candriam fanden, dass ihr Sustainabl­e-WorldFonds, der noch bis März dieses Jahres vertrieben wurde, durchaus auch Ölaktien vertragen könnte, dann enthielt das Portfolio eben auch Anteile am verlässlic­hen Dividenden­bringer Exxon Mobil.

Höhere Kosten, mangelnde Rendite? Diese Vorurteile gegenüber ethisch-ökologisch­en Fonds kann man abräumen. Es mangelt dagegen an einheitlic­hen Definition­en, was „ethisch“, „ökologisch“, „nachhaltig“oder „sozial verantwort­ungsvoll“in Bezug auf Geldanlage bedeutet. Dem gewissenha­ften Anleger bleibt nur, genau hinzuschau­en: sich bei seiner Bank oder im Netz über die Zusammense­tzung der Portfolios zu informiere­n – und dann selbst zu entscheide­n, ob seine Definition von Nachhaltig­keit mit der der Fondsmanag­er übereinsti­mmt.

Kohle, Glücksspie­l und Kriegswaff­en sind tabu

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Grüne Geldgeschä­fte: Ethische Banken fühlen sich der Umwelt verpflicht­et. Foto: iStock

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