Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Mit Geld die Welt verändern
Ethisch-ökologische Finanzanlagen boomen. Wie „grün“sind die Banken wirklich? Worauf Verbraucher achten sollten
Berlin. Wer bei seiner Geldanlage nur auf die Rendite schaut, bekommt jede Menge unmoralischer Angebote unterbreitet. In Ölförderung und auch das umstrittene Fracking zu investieren verspricht satte Renditen – Investment-Firmen wie Bank of America Merrill Lynch empfehlen es ihren begüterten Klienten sogar ausdrücklich. Und auch für andere Energie-Aktien wie Exxon Mobil erwarten Analysten Kursgewinne und regelmäßige Dividenden. Auch deutsche Fondsgesellschaften haben Fonds in US-Aktien aufgelegt – teils mit einem ansehnlichen Anteil von Unternehmensanleihen aus dem Rüstungssektor.
Doch immer mehr Anleger schauen ganz genau hin, auf welchen Wirtschaftsfeldern das Geld landet, das sie ihrer Bank in Form von Fonds, Sparplänen und Zertifikaten anvertrauen, und suchen ganz gezielt nach Anlagemöglichkeiten, die ihren Werten (denen im moralische Sinne) entsprechen. Das hat inzwischen auch viele Banken zum Umdenken bewogen. Doch der Boykott etwa von Unternehmen, die international geächtete Produkte wie Streumunition und Landminen herstellen, ist nur der Minimalkonsens bei ethisch-ökologischer Geldanlage – viele Anleger drängt es dazu, nicht bloß solche Extrembeispiele moralisch zweifelhafter Investments zu vermeiden, sondern mit dem Investment auch etwas Gutes zu tun.
In der Tat funktionieren die Anlagestrategien ethisch-ökologischer Fonds als Mischung aus Ausschlusskriterien und gezielter Förderung bestimmter Bereiche.
Für die Negativliste bedeutet „ökologisch“vor allem Klimaschutz – also sollten Öl- und Kohleindustrie außen vor bleiben, ebenso Atomkraft und Agrar-Gentechnik, teils ist auch industrielle Tierhaltung ein Ausschlusskriterium. „Ethisch“heißt vor allem: Die gesamte Rüstungsindustrie bleibt draußen, außerdem nehmen einige Fonds Geschäfte mit der Spekulation auf Lebensmittel, mit Glücksspiel und mit Pornografie aus. Unabhängig von der Branche wird auch auf die Produktionsbedingungen geschaut: Kinderarbeit, Menschenrechtsverletzungen und die Zerstörung von Ökosystemen sind für gelistete Unternehmen tabu.
Die Positivliste umfasst Investitionen in nachhaltige Landwirtschaft, erneuerbare Energien, Entwicklungshilfeprojekte wie soziale Kleinkredite, Trinkwasseraufbereitung und die Förderung von Gesundheit und Bildung.
Dabei sind ethisch-ökologische Fonds alles andere als ein Zuschussgeschäft; im Gegenteil: Ein Fonds wie der F&C Stewardship International hat innerhalb der letzten zwölf Monate um 21 Prozent zugelegt, der ÖkoVision Classic C von Ökoworld um 20 Prozent und der Responsible Stock Global A der Erste Asset Management um 19 Prozent – eine Performance, die sich mit der „normaler“Fonds absolut messen kann. Auch die jährlichen Kosten der Fonds liegen noch innerhalb der üblichen Bandbreite; bei den genannten Fonds liegt die Kostenquote zwischen 1,75% und 2,5%.
Aber nur wenige Fonds erfüllen wirklich alle Kriterien, um umstrittene Geschäftsfelder und Praktiken konsequent auszuschließen – hinter wohlklingenden Fonds-Namen verbergen sich in vielen Fällen überraschende Unternehmensbeteiligungen. So sind bei dem weltweit anlegenden Fonds MSCI World Socially Responsible der Schweizer Großbank UBS u. a. auch Konzerne wie Procter & Gamble, Roche, Unilever und McDonald’s vertreten, die vielleicht nicht den Ruf als Öko-Pioniere genießen, sich aber einer hinreichend nachhaltigen Unternehmensstrategie verschrieben haben, um die Aufnahmekriterien des Fonds zu erfüllen. Der UBS-Ökofonds beschränkt sich denn auch auf wenige Ausschlusskriterien und gehört darüber hinaus zur übergroßen Mehrheit solcher Fonds, die keine gezielten Investitionen in nachhaltige Branchen vornehmen.
Das generelle Problem: Die Fonds bestimmen selbst, wie streng die Maßstäbe sind, die sie anlegen. Und wenn etwa die Manager der luxemburgischen Investorengruppe Candriam fanden, dass ihr Sustainable-WorldFonds, der noch bis März dieses Jahres vertrieben wurde, durchaus auch Ölaktien vertragen könnte, dann enthielt das Portfolio eben auch Anteile am verlässlichen Dividendenbringer Exxon Mobil.
Höhere Kosten, mangelnde Rendite? Diese Vorurteile gegenüber ethisch-ökologischen Fonds kann man abräumen. Es mangelt dagegen an einheitlichen Definitionen, was „ethisch“, „ökologisch“, „nachhaltig“oder „sozial verantwortungsvoll“in Bezug auf Geldanlage bedeutet. Dem gewissenhaften Anleger bleibt nur, genau hinzuschauen: sich bei seiner Bank oder im Netz über die Zusammensetzung der Portfolios zu informieren – und dann selbst zu entscheiden, ob seine Definition von Nachhaltigkeit mit der der Fondsmanager übereinstimmt.
Kohle, Glücksspiel und Kriegswaffen sind tabu