Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Gekränkt statt blind und taub
Die Alternative für Deutschland hat in dieser Woche selbst die Vorlage gegeben, Thema in der Berichterstattung zu werden. Innerparteiliche Querelen traten mit dem Rücktritt der stellvertretenden Landeschefin zutage – ihre schwerwiegenden Vorwürfe zeichnen ein Bild einer Partei, der ihr Hauptthema vor der Bundestagswahl abhanden gekommen ist.
Ritt die AfD vor allem auf dem Flüchtlingsthema und punktete damit in den Umfragen, rutschte sie in den jüngsten Erhebungen wieder deutlich ab. Die Ursache liegt darin begründet, dass die Flüchtlingswelle abgeebbt ist. Zwar bemühen sich die AfD-Abgeordneten in Thüringen stets, beispielsweise die steigende Ausländerkriminalität zu instrumentalisieren, doch ein Zugpferd ist das nicht.
Stattdessen treten die innerparteilichen Konflikte zu Tage. Wobei Steffi Brönners Kritik für den Außenstehenden mehr als scheinheilig klingt. Wer erst jetzt merkt, dass Landeschef Björn Höcke eine Affinität zum Nationalsozialismus besitzt, muss blind sein. Oder zumindest taub. Gewöhnlich reichen eins, zwei seiner Reden auf Kundgebungen, um das zu durchschauen. Erinnern sie doch in ihrem Duktus und ihrer Intonation deutlich an unrühmliche historische Vorbilder. Und die Mitarbeiter in der Fraktion, die dem rechten Rand nahe stehen sollen, beschäftigt die AfD nicht erst seit gestern.
Das befeuert die These, dass verletzte Eitelkeiten wegen der Nichtnominierung für die Wahlliste zum Bundestag die Ursache für den Brönner-Rückzug sind. Kurzum: Solches Gerangel um die Fahrkarten in Richtung Berlin gibt es in allen Parteien. Überall werden auch hinterrücks Mehrheiten organisiert, um andere zu verdrängen. Siehe die Nominierung bei der SPD. Das ist Demokratie unter Parteifreunden, geht es doch um viel Geld. Wer sie nicht aushält, ist fehl am Platze.
Steht die Frage, ob die AfD durch die Querelen den Einzug in den Bundestag verspielt? Diese Hoffnung brauchen die etablierten Parteien nicht zu hegen. Der harte Kern an Fans und Befürwortern ist noch zu groß.