Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
CDU-Mann tritt für Grüne an
Nordhausen. Überraschung im Vorfeld der Oberbürgermeisterwahl im September in Nordhausen: Die Grünen haben den ehrenamtlichen CDU-Bürgermeister von Neustadt/Harz, Dirk Erfurt, zu ihrem Kandidaten gemacht. Zusammengekommen sei man aus dem Wunsch, überparteiliche, sachliche Politik zu gestalten. „Deshalb habe ich mich gefreut, als die Grünen auf mich zukamen“, so Erfurt. Die Parteimitgliedschaft in der CDU wolle er während des Wahlkampfes ruhen lassen. Gemeinsame Schnittmenge mit den Grünen ist zum Beispiel der Kampf gegen ein neues Gips-Abbaufeld im Südharz. (tm)
Christian ist ein unruhiger Geist, wie man so sagt. Der 27-Jährige ist geistig behindert, lebt im Wohnverbund Michaelisstift in Gefell (Saale-OrlaKreis) und verspürt einen übergroßen Bewegungsdrang. „Er ist sozusagen immer auf dem Sprung“, erklärt Andreas Berger, der Leiter der Einrichtung. 1849 wurde das Michaelisstift bereits von einem Oberpfarrer gegründet, anfangs fanden dort Waisen und sozial benachteiligte Menschen eine Heimstatt, später auch Menschen mit einer geistigen Behinderung. Seit 2009 gehört die Einrichtung zur damals gegründeten Diakoniestiftung Weimar/Bad Lobenstein.
64 geistig oder körperlich behinderte Bewohner haben in den modern eingerichteten Heimen mit freundlichen Namen, wie zum Beispiel „Sonnenhaus“, ein neues Zuhause gefunden, viel Grün verwandelt die Anlage in einen Park. Viele arbeiten in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Stelzen, andere werden im Förderbereich beschäftigt und betreut. „Dazu gehört zum Beispiel die hauswirtschaftliche Arbeit, so kümmern sie sich etwa um die Wäsche“, beschreibt Andreas Berger die Tagesstruktur. „Dazu kommen Spaziergänge, Spiele, auch Musik gehört für viele mit dazu.“
Christian kam nach Gefell, als er die Förderschule beendet hatte, seit vier Jahren lebt er jetzt im Michaelisstift. „Er hat hier seine zweite Heimat gefunden“, versichert Einrichtungsleiter Berger. Der Förderbereich und die Wohnstätte bieten dem jungen Mann viele Beschäftigungsmöglichkeiten an, die sich wie ein roter Faden durch den Tag ziehen und ihm Halt und Orientierung geben.
Einzig für den stark ausgeprägten Bewegungsdrang haben die engagierten Betreuer noch kein adäquates Mittel gefunden. „Denn Christian ist immer unterwegs“, sagt Andreas Berger, „er ist ständig in Bewegung. Unvermittelt springt er auf und läuft durch das Zimmer, über den Flur oder durch den Garten. Er kann sich nur für kurze Zeit konzentrieren, nur für Momente stillhalten, dann braucht sein Körper wieder die Bewegung. Er läuft nicht weg, aber er ist immer unterwegs.“Und natürlich müssen ihn die Betreuer im Auge haben, wenn er durch das weitläufige Gelände der Wohnanlage streift.
Ein großes Trampolin, auf dem sich Christian austoben kann, soll Abhilfe bringen, so die Idee. Platz ist im Garten genug. „Es soll ebenerdig in den Boden gebaut werden, damit Christian nicht herunterfallen und sich unter „Verwendungszweck“seine Anschrift angibt, erhält eine Spendenquittung. Wenn Sie jemanden kennen, der unverschuldet in Not geraten ist, dann schreiben Sie bitte an Ostthüringer Zeitung, Bahnhofstraße 18, 07545 Gera verletzen kann“, so Berger. Auch für andere Bewohner wäre das Sprungtuch bestens geeignet. Doch die 2200 Euro, die das Trampolin kosten soll, fehlen dem Michaelisstift. „Thüringen hilft“will helfen und das Projekt finanzieren. Damit Christian auf dem Sprung bleiben kann – und dabei sicher ist. Jena. Irgendwo im Nirgendwo lebt Steffen Gerhardt. Zumindest ist das die Sicht der Jenaer Stadtverwaltung, die die Merseburger Straße 15a nicht anerkennen will. Der 41-Jährige lebt seit 2014 in einem Viertel in Jena-Nord , das sich in den vergangenen Jahrzehnten in ein buntes Wohngebiet verwandelt hat. Im Block, in dem Steffen Gerhardt lebt, finden sich ein Friseur, eine Pflegedienst und anderes mehr. Auf der kombinierten Klingel- und Briefkastenanlage steht in großen Lettern „Merseburger Straße 15a“. Doch weil die Stadtverwaltung die Adresse nicht akzeptiert, muss Gerhard an manchen Tagen nach seiner Post suchen. Zum Beispiel.
Der Block zählt mehrere Eingänge. Und um den Mietern, Pizza-Lieferdiensten und Postboten das Leben einfacher zu machen, unterschied der Investor die Merseburger Straße 15 in a bis c. Das Problem: „Der Hauseigentümer hat nur die Hausnummer Merseburgerstraße 15 angemeldet, nicht aber 15a, b oder c. Entsprechend steht nur die Nummer 15 im Melderegister und ist damit amtlich“, sagte Jenas Rathaussprecherin Roswitha Putz.
Sie rät Steffen Gerhardt, mit seinem Vermieter zu sprechen: Nur wenn der Eigentümer die Hausnummer 15a ins Melderegister eintragen lasse, existiere die Adresse offiziell. Die Stadt könne erst die Hausnummer registrieren, wenn es einen entsprechenden Antrag gebe. Putz verhehlte nicht, dass die Geschichte einen Haken habe: Sollte der Eigentümer die Hausnummer ins Melderegister eintragen lassen, müssten sich alle Bewohner der Hausnummer 15 ummelden – nicht nur bei der Stadt, auch bei Banken oder Versicherungen. „Die Änderung der Hausnummer kommt einem Umzug gleich.“Und kostenfrei ist dieser nicht zu haben. (bük)