Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Erlebbare Geschichte abseits des Vitrinenglases
S S Auf dem Skateboard durch die Geschichte im Oberen Schloss Greiz
Gut sieben Jahre können Besucher nun schon interaktiv das Museum des Oberen Schlosses Greiz erkunden – doch noch immer ist die virtuelle Skateboard-Fahrt durch die Baugesichte einzigartig in der deutschen Museumslandschaft, betont Museumsdirektor Rainer Koch.
Statt mit einer Spielekonsole in der Hand, habe man zwar die Idee der virtuellen Reise aufgegriffen, aber durch das Skateboard, auf das die Besucher dafür steigen und sich in die Kurven legen müssen, um den Schlosskomplex zu umkreisen, wird die Entwicklung für die Fahrenden nachempfindbar. „Das Wissen wird nicht einfach nur frontal dargeboten, sondern die Besucher müssen selbst aktiv werden. Ihre Neugierde wird so geweckt, wir lassen Fragezeichen in ihren Köpfen entstehen und schaffen so nochmals Interesse“, so die Erfahrung von Rainer Koch. So konzentriert sich das erlebnispädagogische Konzept des Museums auf die Gegenüberstellung modernster Medien im vermeintlichen Kontrast zu den ältesten Baufunden, was sich nicht nur im Skateboard widerspiegelt, sondern auch in den unteren Etagen etwa durch die popartgeprägten lebensgroßen Figuren des Emaille-Künstlers Moritz Götze, die sich als reußische Hoheiten selbst vorstellen.
Ob die mittelalterliche Burg des 12. Jahrhunderts mit der Doppelkapelle – eine von zwei in Thüringen bekannten Doppelkapellen mit Klangöffnung – der Großbrand durch Blitzschlag von 1540 oder die rege Bautätigkeit im Anschluss: Besucher können bei der virtuellen Reise auf dem Rollbrett die Entwicklungen im Bau, die Erweiterungen des Schlosskomplexes bis ins 19. Jahrhundert verfolgen. Vor allem der 3-D-Film über die mittelalterliche Doppelkapelle, die nicht nur durch das Panikglas – das erstmalig weltweit in dieser Form verbaut wurde – umgeben vom Rokoko-Prunk erfahrbar wird, sondern auch durch die Rekonstruktion im Video, habe die Grafik bei der Skateboard-Animation erleichtert. Moderne Technik werde so mit einem sinnvollen Hintergrund und einer Begeisterungsmöglichkeit für die vogtländische Geschichte verknüpft, verweist Koch auf das unter anderem gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen aus der Region entwickelte Konzept des Museums zum Anfassen.
So finden sich vor allem junge Interessierte auf dem rege genutzten Holzbrett wieder – wenn auch nicht ausschließlich, wie Koch betont. Selbst Senioren nutzten bei Führungen gerne die Gelegenheit, die virtuelle Reise auszuprobieren.
Die nächste Sonderausstellung im Unteren Schloss ist Ende August „Prunk und Pracht“. Während sich die Besucher dort mit den Sitten und dem Zeremoniell zu Hofe auseinandersetzen, lohnt sich der Aufstieg zum Oberen Schloss. Dort fasziniert die Parklandschaft aus Zucker, die mit Holzformen für Tragant des reußischen Hofkonditors authentisch gefertigt wurde und die Tradition in Erinnerung ruft.
In der OTZ-Serie „Schlummernde Schätze“begeben wir uns in Museen der Region auf die Suche nach besonderen Sammlungen und Ausstellungsstücken.