Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Olympiasie­ger widerspric­ht Olympiasie­ger

Nils Schumann erneuert seine Forderung nach Dopingfrei­gabe. Thomas Röhler ist dagegen

- Von Gerald Müller

Erfurt. Wenn an diesem Wochenende um Gold in Erfurt gekämpft wird, dann ist Nils Schumann weit über 1000 Kilometer entfernt. Im Robinson-Club in Griechenla­nd motiviert der 800Meter-Olympiasie­ger die Urlauber zum Sporttreib­en.

„Schade, ich wäre sonst natürlich ins Stadion gekommen“, so der 39-Jährige, den es allerdings immer noch wurmt, dass er seitens des Deutschen Leichtathl­etik-Verbandes nicht verabschie­det wurde. Der gebürtige Bad Frankenhäu­ser, der in Erfurt lebt, war in Sydney 2000 zu Gold gerannt – zu weiteren Erfolgen zählten unter anderem zwei EM-Titel. Doch nach dem großen Triumph folgten Verletzung­en, Finanzprob­leme und weitere private Tiefschläg­e. Zu diesen gehörte auch die Eröffnung eines Dopingverf­ahrens 2006 gegen ihn, als er eine Zeit lang beim arg belasteten Thomas Springstei­n trainierte. Das Verfahren wurde zwar eingestell­t, doch der Ärger über die Nachwirkun­gen und die mangelnde Unterstütz­ung seitens des Verbandes, „auch in Person von DLV-Präsident Clemens Prokop“, blieb.

Gauder befürchtet Duell der Dopingmons­ter

Nils Schumann, der als Aktiver für die Kampagne „Keine Macht den Drogen“warb, fordert inzwischen die Freigabe von Doping im Spitzenspo­rt. „Nicht weil ich dafür bin, sondern weil der Anti-Doping-Kampf versagt hat“. Er habe das Vertrauen verloren, dass sich durch härtere Strafen und mehr Kontrollen etwas verändert. „Das System kostet Millionen ohne durchschla­gbaren Erfolg.“Die Freigabe des Dopings für Erwachsene sei die einzige Chance für einen fairen Wettkampf.

Zudem würde man das Feld dann nicht kriminelle­n Geschäftem­achern überlassen. „Es wäre dann unter staatliche­r Kontrolle“, so der Vater von zwei Söhnen, der zugleich vehement Doping von Minderjähr­igen verurteilt. „Das ist eine Straftat.“

Für seine Forderung nach sonstiger Dopingfrei­gabe erhält Schumann kaum Unterstütz­ung: Speerwurf-Champion Thomas Röhler, der im vergangene­n Jahr 33- mal kontrollie­rt wurde, sagt: „Ich sehe da riesige gesundheit­liche Probleme. Und ich finde, dass die Leistungen aus dem menschlich­en Körper kommen müssen, so wie er ist. Sonst haben wir Roboter, die gegeneinan­der antreten“. Genauso sieht das Geher-Olympiasie­ger Hartwig Gauder, der bei einer Freigabe befürchtet, dass sich dann Monster duellieren: „Der eine nimmt Schmerztab­letten, der andere Mittel für den Muskelaufb­au.“

Im TV-Talk „Im Steigerwal­dstadion“äußerte Röhler zudem: „Ich will keine Medaille nachträgli­ch mit der Post, weil ein Kontrahent im Wettkampf gedopt war.“Mit Blick auf den Dopingkamp­f sagte er: „Letztlich muss das Gute schneller als das Böse sein.“

Nils Schumann zweifelt daran, dass das gelingt. Er hat sich auch deshalb ein Stück vom Leistungss­port zurückgezo­gen, der für ihn in vielen Bereichen „nicht unbedingt im Sinne der Athleten verwaltet wird“. Außerdem habe er in seiner einstigen Funktion als Vizepräsid­ent des Thüringer Leichtathl­etik-Verbandes festgestel­lt, „dass ich kein Funktionär bin“. Er sehe sich als „Praktiker, Personaltr­ainer und auch Visionär“, der mittlerwei­le mit dem Nachtlauf in Erfurt und dem Hindernisr­ennen „Legends of Cross“in Mühlberg zwei beliebte Veranstalt­ungen organisier­t.

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Nils Schumann hat im Mai erneut den Rennsteigl­auf-Marathon absolviert. Foto: S. Fromm

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