Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Gregor Meyle: „Mehr Talent als Fleiß“
Der Musiker spricht im Interview über seinen Erfolg, die Fernsehsendung „Meylensteine“und über das eigene Verfallsdatum
Gregor Meyle hat sich ganz nach oben gespielt – mit Herz und Hut und tollen Songs. Der Musiker, Baujahr 1978, wurde erstmals 2007 bekannt, als er in einer Castingshow bei Stefan Raab auftrat. Seitdem reiht sich Erfolg an Erfolg. Mittlerweile hat der Künstler, der Ende des Jahres nach Thüringen kommt, neben zwei GoldPlatten sogar eine eigene TV-Show: „Meylensteine“.
Herr Meyle, derzeit jagt bei Ihnen ein Termin den nächsten – ich hoffe, Sie sind ein disziplinierter und vor allen Dingen organisierter Mensch.
Für einen Musiker ist es nicht schlecht, glaube ich jedenfalls. Aber manchmal kommt auch der Künstler durch, der gerne in den Tag hinein lebt, ganz ohne Druck und Termine. Ein wirklicher Graus ist für mich das ganze Bürozeugs, der Papierkram, Abrechnungen und Excel-Tabellen. Dabei habe ich zum Glück Hilfe.
Müssen Sie sich manchmal kneifen, wenn Sie über Ihren Erfolg der letzten Jahre nachdenken?
Mit ist natürlich bewusst, dass der Erfolg kein Selbstläufer war. Mein Sofa zu Haue erinnert mich regelmäßig daran – das haben wir vor fünf Jahren gekauft, für 580 Euro. Damals haben wir es über drei Jahre finanziert, weil das Geld knapp war. Das Möbelstück ist eine Erinnerung, nie zu vergessen, wo man herkommt. Früher habe ich im Schnitt vor 60, 70 Leuten gespielt, aber nach dem Auftritt bei „Sing mein Song“knallten die Besucherzahlen durch die Decke. Mittlerweile sind wir 18 Leute auf Tour und geben Konzerte in großen Hallen.
Kann es passieren, dass mit steigenden Besucherzahlen und steigendem Druck die Leichtigkeit verloren geht?
Das ist immer eine Gefahr. Schließlich sind wir ein kleines Wirtschaftsunternehmen – und ich persönlich habe jetzt sehr viel mehr soziale Verantwortung gegenüber den Musikern und der Crew. Auf der anderen Seite macht mich das auch ziemlich stolz. Künstlerischen Druck lassen wir uns aber nicht machen – wir als Team sind darauf eingestellt, dass wir wieder mit kleinerem Tross unterwegs sind, sollten nicht mehr ganz so viele Fans in die Konzerte kommen.
Also rechnen Sie sich schon insgeheim Ihr Verfallsdatum aus?
Ganz ehrlich, man muss immer damit rechnen. Das ist wie im Supermarkt – da schaut man auch schon mal auf das Verfallsdatum, wenn man den Joghurt einkauft. Hinzu kommt: ich bin so ein Sicherheitsmensch. Von der ersten Kohle, die ich verdient habe, habe ich mir einen VW-Bus gekauft, wo all meine Habseligkeiten reinpassen Wenn es schlecht laufen sollte, kann ich damit auf Tour gehen. Auf der Bühne brauche ich nur zwei Gitarren, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Was, glauben Sie, mögen die Menschen an Ihnen besonders?
Die Ästhetik und das Aussehen ist bei mir wohl eher zweitrangig. Aber man sagt mir nach, dass ich sehr authentisch bin. Auf und hinter der Bühne bin ich immer der gleiche Typ. Auch wenn man etwas bekannter ist, darf man sich für nichts zu schade sein. Es wäre wohl nicht falsch, mich als bodenständig zu bezeichnen.
Gibt es denn Situationen, in denen Sie so richtig ausflippen oder über die Strenge schlagen?
Eher nicht, ich lebe ein ganz normales Leben. Mein großer Glück ist nur, dass ich jetzt von meiner Leidenschaft, der Musik, leben kann.
Sind Sie ein Naturtalent oder haben Sie die musikalische Gabe von einem Elternteil geerbt?
Ich komme aus der Arbeiterklasse, ich habe mir alles selber angeeignet. Mein Glück ist, dass ich etwas mehr Talent habe, denn wirklich fleißig war ich nie. Heute ist mir klar: ich hätte als Kind viel mehr üben sollen.
Haben Sie vielleicht einen großen Traum, den Sie sich gerne erfüllen würden?
Zeit und Ruhe – ich hätte gerne ein Jahr für mich, um nur Gitarrenunterricht zu nehmen, Jazzgitarre. Es hört ja nie auf mit der Musik, man kann noch so viel dazulernen. Das fände ich echt Klasse. Irgendwann mache ich das auch . . .
Mark Forster, Johannes Oerding, Clueso – kann es sein, dass Sie und Ihre Musik von einer neuen deutschen Welle profitieren?
Das Album „Mensch“von Herbert Grönemeyer hat schon 2002 den Grundstein dafür gelegt. Über die Jahre sind die deutschen Interpreten immer stärker geworden, beispielsweise Silbermond oder Juli. Davon profitieren Musiker bis heute, auch ich. Es ist meiner Meinung nach ein großer Vorteil, wenn man die Musik in seiner Muttersprache aufnimmt – das verstärkt die Emotionen, auch beim Zuhörer.
Was macht denn Ihrer Meinung nach einen guten Song aus?
Ein Song muss Seele haben, er muss den Zuhörer einfangen und festhalten. Melodie und Text brauchen Raffinesse und Frische. Wenn Sie mich nach meinem Musikgeschmack fragen – nach den Beatles kommt erst mal lange Zeit nichts.
In Ihrer Vox-Sendung „Meylensteine“singen Sie regelmäßig mit Kollegen – welcher Künstler hat Sie denn am meisten überrascht?
Ich mag es, auf Künstler zu treffen, mit denen ich genreechnisch nicht viel zu tun habe. Beispielsweise Schlagersänger Matthias Reim – er ist ein toller Typ. Oder Helene Fischer. Sie hat sich für die Sendung Zeit genommen und wir konnten ganz offen quatschen. Aber es gibt natürlich auch Künstlerkollegen, bei denen geht sofort eine Schutzmauer hoch, sobald die Kamera aufnimmt. Das ist dann nicht so prickelnd.
Kommen Sie doch mal in Erfurt vorbei und besuchen Sie unseren Clueso . . .
. . . ich habe Ihn schon fast angefleht, er möge bei meiner Sendung mitmachen. Ich bin ein absoluter Fan von ihm, Clueso ist einer der besten Songwriter, die wir derzeit haben. Aber er hat mich immer wieder vertröstet, er wollte erst seinen Neuanfang in Ruhe über die Bühne bringen – und nicht mit mir über alte Kamellen quatschen.
Was erwartet die Erfurter bei Ihrem Konzert?
Die Musiker, die auf der Bühne stehen, sind Champions League. Und diese Äußerung ist unabhängig von meiner Person. Wer also Bock auf Supersongs hat, ist bei unserem Auftritt in Erfurt goldrichtig. Das Konzert wird ein wunderbarer Austausch von Energie – zwischen den Fans und uns Musikern.
Gregor Meyle spielt am . Dezember in der Erfurter Thüringenhalle. Karten gibt es in allen Pressehäusern, bei den Servicepartnern und unter: www.ticketshop-thueringen.de