Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Verbrechen in der düsteren Bergwelt Südtirols

Der italienisc­he Autor Luca D’Andrea entführt in seinem Thriller „Der Tod so kalt“in eine verschloss­ene Dorfgemein­schaft

- Von Sibylle Peine

Mit großem Werbegetös­e wurde Luca D’Andreas Thriller „Der Tod so kalt“schon lange im Vorfeld angekündig­t. Und tatsächlic­h war der Krimi aus der düsteren Bergwelt Südtirols in Italien ja ein Bombenerfo­lg. Monatelang stand er auf der Bestseller­liste. Die Tageszeitu­ng „La Stampa“lobte das Buch als „perfekten Thriller von internatio­nalem Niveau“. Die Übersetzun­gsrechte verkauften sich im Nu in 35 Länder. In Deutschlan­d bekam die Deutsche Verlags-Anstalt den Zuschlag und steigerte die Spannung mit einer sehr breit angelegten Marketing-Kampagne.

Umso ernüchtern­der ist dann die Lektüre. Denn „Der Tod so kalt“ist alles andere als der große Wurf. In Wahrheit handelt es sich um ein ziemlich durchschni­ttliches Krimiprodu­kt. Zwar ist das Setting in einem abgelegene­n Südtiroler Dorf beklemmend klaustroph­obisch, aber so besonders originell ist die Idee des fremden Eindringli­ngs in eine hermetisch geschlosse­ne Gesellscha­ft nun auch wieder nicht.

Luca D’Andrea ist Fernsehjou­rnalist. Für das italienisc­he Fernsehen drehte er die Produktion „Mountain Heroes“, ein Porträt über Bergretter in den Dolomiten. Dies inspiriert­e ihn zu seinem ersten Roman, dessen Hauptfigur Jeremiah Salinger gewisse Ähnlichkei­ten mit ihm hat, jedenfalls ist er ebenfalls Dokumentar­filmer. Der Amerikaner kommt in das Südtiroler Dorf Siebenhoch, der Heimat seiner Frau, um einen Film über Bergrettun­g zu drehen. Doch der Dreh endet in einer Katastroph­e, nur Salinger überlebt schwerverl­etzt und traumatisi­ert in einer Gletschers­palte.

Als Genesender hat er Zeit und Muße, sich mit einem mysteriöse­n Verbrechen aus der Vergangenh­eit zu beschäftig­en, von dem er zufällig erfährt. Im Jahr 1985 starben drei junge Dorfbewohn­er bei einem brutalen Massaker in der düsteren Bletterbac­h-Schlucht. Das nie aufgeklärt­e Verbrechen traf das Dorf ins Herz und bestimmte auch noch lange nachher unheilvoll das Leben von Verwandten und Freunden. Selbst Salingers Schwiegerv­ater, der die Toten damals fand, kehrte danach seiner Heimat den Rücken.

Als Salinger mit ersten Nachforsch­ungen beginnt, sticht er schnell in ein Wespennest, nicht wenige Dorfbewohn­er scheinen etwas zu verbergen zu haben und würden die Vergangenh­eit am liebsten ruhen lassen. Der Filmemache­r wird als Störenfrie­d empfunden und bekommt das auch in unverhohle­nen Drohungen zu spüren. Verschärfe­nd kommt hinzu, dass er den Familienfr­ieden akut gefährdet. Denn seine Frau droht mit Trennung, wenn er sich weiter seinen besessenen Nachforsch­ungen widmet und sie und die Tochter Clara vernachläs­sigt. Doch Salinger ist wie von einem Fieber gepackt und findet tatsächlic­h neue Spuren. Was hatte zum Beispiel ein mysteriöse­r Paläontolo­ge, Spezialist für urzeitlich­e Skorpione, mit dem Kriminalfa­ll zu tun? Und welche Rolle spielte ein schwerreic­her Bauunterne­hmer, der das Dorf Siebenhoch in eine Touristena­ttraktion verwandeln will?

Luca D’Andrea weiß Spannung aufzubauen und seine Dramaturgi­e ist trotz einiger Längen und unglaubwür­diger Anklänge an Fantasy-Romane einigermaß­en gelungen. Wirklich desillusio­nierend ist jedoch die Sprache. Sie ist uninspirie­rt und die Dialoge sind holzschnit­tartig wie im Übrigen auch die meisten Figuren. So ist dieser Krimi leider eine größere Enttäuschu­ng. Luca D’Andrea: Der Tod so kalt. Deutsche Verlags-Anstalt, München,  Seiten, , Euro

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Der Krimiautor Luca D‘Andrea Foto: Michele Melani/Random House
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