Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Warum bleibt die Bahn auf der Strecke?
Martin Roggermann, Allianz pro Schiene
Herr Roggermann, warum geht es trotz vieler Vorteile bei der Transportverlagerung auf die Schiene nicht voran? Eine Ursache ist die steigende Kostenbelastung. Dem gefallenen Preis für Diesel stehen Mehrfachbelastungen durch Steuern und Abgaben sowie steigende Strompreise gegenüber. So werden 90 Prozent E-Mobilität im Bahnverkehr zum Nachteil. Der Schienengüterverkehr hat jährlich höhere Trassenpreise zu verkraften, während der Lkw-Mautsatz seit Jahren sinkt. Wer steht Ihrer Meinung nach in der Verantwortung? In jedem Koalitionsvertrag steht die Stärkung der Schiene mit drin. Real passieren eher Sachen wie die Erhöhung der EEG-Umlage, die Senkung der Lkw-Maut oder die Zulasung von RiesenLkw. Man rechnet damit, dass durch Letztere täglich bis zu 7000 Lkw mehr auf den Straßen unterwegs wären. Viele Stellschrauben sind in der letzten Legislaturperiode pro Lkw verdreht worden. Was bringt die Gleisanschlussförderrichtlinie? Gefördert werden 50 Prozent der Kosten für neue Gleisanschlüsse. Sicher werden noch mehr Fördermittel abgerufen. Dafür müssen sich die Unternehmen aber auf Jahre verpflichten, eine bestimmte Menge an Verkehr zu verlagern. Ersatzinvestitionen bei für abgefahrene Gleise müssen sie selbst zahlen. Ein Lkw-Fuhrunternehmen bekommt seine Straßen immer fertig vorgesetzt. Manche der Hürden für die Schienentransporteure sind höher als nötig. Weil Deutschland in erster Linie Autoland ist? Das sehen wir auch an den ProKopf-Investitionen des Staates in die Schienen-Infrastruktur: Die sind in Deutschland deutlich niedriger als in den meisten anderen EU-Ländern. Im Rahmen der Verkehrsprojekte Deutsche Einheit waren die neuen Autobahen immer schneller fertig als die neuen ICE-Trassen. Woraus schöpfen Sie Hoffnung für die Schiene? Auf den letzten Metern hat das Bundesverkehrsministerium noch den Masterplan Schienengüterverkehr auf den Weg gebracht. Einer der Vorschläge ist die Halbierung der Schienenmaut. Kommen muss zudem die Befreiung von der EEG-Umlage, andere Länder erlassen die Stromsteuer komplett. Bahnverkehre dürfen nicht länger durch zusätzliche Abgaben bestraft werden, während Diesel davon befreit ist. Und wir brauchen endlich die 740-Meter-Güterzüge als EU-Standard.
Martin Roggermann ist Referent für Verkehrspolitik bei der „Allianz pro Schiene“