Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Popkonzert mit singendem Moralapostel
Der Kölner Musiker Maxim gastiert vor Zuschauern in der Jenaer Kulturarena – gesellschaftskritische Kommentare inklusive
Er hat das Publikum vorgewarnt. „Hauptberuflich bin ich Meckerer“, hat Maxim nach den ersten Songs seines Kulturarena-Konzerts selbstironisch bekannt. Und wird diesem Image am Freitag in Jena gerecht. Immer wieder gibt er zwischen seinen eingängigen, nachdenklichen Popnummern gesellschaftkritische Statements zum Besten, die ebenso von einem 15-jährigen Alternativen wie von einem ergrauten Moralisten stammen könnten.
So muss sich der 35-jährige Maxim beispielsweise über reiche MallorcaTouristen aufregen, die seiner Meinung nach Urlaub machten wie andere Leute One-Night-Stands. Bitte was?, wundert man sich. Dann schiebt er noch eine Erklärung hinterher. Beide, Mallorca-Urlauber wie One-Night-Standler, ließen keine Gefühle zu. Okay?! Der Text des darauffolgenden Songs „Tourist“, ein Gemeinschaftswerk mit Rapper Marteria, ist glücklicherweise besser als die Vorrede, da die Verse Interpretationsspielraum lassen.
Vor dem Titel „Hype“– eine Nummer mit Ohrwurmqualität – philosophiert der semipopuläre Popsänger dann über Erfolg. Viele Musiker seien nach einem Hit schnell vergessen, schwadroniert er sinngemäß und fügt stolz hinzu: „Ich bin immer noch da.“So etwas kann man denken. Aber öffentlich aussprechen?
Auch bei „Wut“muss der Gast erst einmal der Botschaft des singenden Moralapostels lauschen. Angekommen bei der Flüchtlingsproblematik, prangert Maxim die Voreingenommenheit und Wut gegenüber Asylsuchenden an – das Nach-Unten-Treten auf die Schwächsten der Gesellschaft. So gut derartige Botschaften gemeint sein mögen, wenn sie so oberlehrerhaft und pauschalisierend vorgetragen werden, irritiert man selbst Gleichgesinnte. Umso mehr überrascht der anschließende Song, der von einem Ich erzählt, das seine Wut verloren hat, das abgestumpft ist durch all die Berichte über Skandale, Katastrophen und Kriege. Das Lied ist so melancholisch schön; da liegt so viel Verzweiflung in Melodie und Text, das berührt tatsächlich.
Maxim ist ein Songwriter, der einem aufnötigt, zwischen Werk und Künstler zu trennen. Zumindest am Freitag. Wer das tat, konnte die vornehmlich leisen Lieder genießen und sich hier und da über eine besonders gelungene Songzeile freuen. Denn an seinen Texten feilt er, nach eigenem Bekunden, sehr lange.