Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
„Die NBA ist ein Stück Heimat für mich“
Am Sonntag wird Kyle Weaver in der Partie gegen die Basketball Löwen Braunschweig sein Heimspieldebüt für Science City Jena geben
Jena. Plötzlich war das Eis gebrochen. Kyle Weaver plauderte munter drauf los. Dergleichen war zum Auftakt der Pressekonferenz von Science City anlässlich des ersten Heimspiels im Jahr 2018 nicht wirklich absehbar, denn als es eben an Kyle Weaver lag, sich selbst ein wenig vorzustellen, kam außer dem eigenen Namen nicht sonderlich viel. Erst einmal. Der 31-Jährige, der aus der Kleinstadt Beloit in Wisconsin stammt und morgen sein Debüt vor heimischer Kulisse in der Arena in Jena geben wird, dachte – sichtbar angespannt – nach.
Nachdem er sich die Basisdaten entlocken ließ, fragte ein Anwesender den Shooting Guard, ob er während seiner Zeit in der NBA auch einmal gegen Dirk Nowitzki gespielt habe – und damit triggerte er den entscheidenden Punkt in Weavers Erinnerung an, was sich auch umgehend auf sein Sprachzentrum auswirkte.
Und so berichtete der 1,98 m große Korbwerfer von der beeindruckenden Wurftechnik des deutschen Aushängeschilds in Sachen Basketball, die er unmittelbar erleben durfte. „Der Ball berührt bei ihm weder das Brett noch den Ring. Er fällt einfach durch“, sinnierte Kyle Weaver, der von 2008 bis 2010 für Oklahoma City Thunder in der höchsten amerikanischen Liga auflief, bis er eine Schulterverletzung erlitt. Ein Teamkollege des Neo-Wissenschaftlers war in je- nen Tagen übrigens ein gewisser Kevin Durant.
Natürlich habe er während seiner vielen Stationen in Europa – unter anderem Belgien, Italien, Israel, Polen und zuletzt Griechenland – einen Unterschied zum Basketball in den USA ausmachen können. „Zuhause ist alles viel größer. Das Spiel ist anders, viel mehr Show“, sagte Weaver, der Vater eines dreijährigen Sohnes ist. Und da wäre noch ein anderer Aspekt: die An- und Abreisewege für die Begegnungen. Das sei eine ganz andere Dimension als in Europa. Außerdem wären die Abstände zwischen den einzelnen Partien in der NBA kürzer. „Das ist mitunter ein Vorteil, da man nicht so viel Zeit hat, über einer Niederlage nachzuden- ken. Zwei Tage später geht es mitunter schon weiter.“Doch die NBA hat für ihn noch eine ganz andere Bedeutung: „In erster Linie ist es für mich auch ein Stück Heimat.“
Das sportliche Engagement in Jena ist indes nicht das erste für Kyle Weaver in Deutschland. In der Saison 2011/12 stand er gemeinsam mit Science-City-Kapitän Derrick Allen bei Alba Berlin unter Vertrag. Dass es ihn nun erneut nach Deutschland verschlug, ist in erster Linie der Verdienst von Trainer Björn Harmsen, der sich im Sommer nach einem adäquaten Ersatz für Marcos Knight umsah. Sie hätten telefoniert, es habe menschlich sofort gepasst, berichtet der Coach, doch am Ende entschied sich Weaver für Aris BC in Griechenland – nicht nur aus finanziellen Aspekten, spielte der zehnfache griechische Meister doch auch international. Doch aufgrund mangelnder Liquidität der Südosteuro- päer entschied sich Kyle Weaver für einen erneuten Wechsel. Und den scheint er bis jetzt – nach zwei absolvierten Spielen – auch nicht bereut zu haben, empfindet er doch alles in Jena als äußerst angenehm („comfortable“).
Ach ja, womöglich rührte die anfängliche Sprachlosigkeit von Kyle Weaver auch daher, dass der Teammanager ihm vor der Pressekonferenz zu verstehen gab, dass alle Neuankömmlinge vor ihrem ersten Heimspiel für fünf Minuten in das Kostüm des Maskottchens schlüpfen müssten. Ein Aufnahmeritual sozusagen. Als Weaver das hörte, fror ihm förmlich das Gesicht ein. Erst nach dem offiziellen Stelldichein sagte man ihm, dass es nur ein Scherz war. Kyle Weaver lächelte sichtbar erleichtert.
■ Jena – Braunschweig, Sonntag, Uhr, Arena in Jena-Burgau, Karten gibt es noch an der Tageskasse