Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Autor und Revolution­är

Bibliothek zeigt Naturblild­er von Georg Forster

- Von Hanno Müller

Man mag es kaum glauben: Die Skizzen und Zeichnunge­n, die ab Dienstag in der Forschungs­bibliothek Gotha in einer Ausstellun­g zu sehen sein werden, stammen von der Hand eines nicht einmal 20-Jährigen. Georg Forster (1754 bis 1794) ist 17, als sein Vater durchsetzt, dass sein vielseitig begabter Sohn ihn bei der Weltumsegl­ung an der Seite von James Cook als Zeichner begleitet. Zwischen 1772 und 1775 öffnet die Reise über die Südhalbkug­el bis zum antarktisc­hen Eismeer dem Jungen geografisc­he, naturkundl­iche und ethnografi­sche Horizonte, die bis dahin kaum ein Europäer erblickte. Neben seinen naturkundl­ichen Studien interessie­rt sich Georg für Kultur und Sprachen der Südseebewo­hner. Russisch und Englisch kann er schon, nun lernt er auch die polynesisc­hen Insel-Sprachen.

Die größte Forster-Sammlung Deutschlan­ds

Mit 108 Blättern gehöre die Gothaer Forster-Sammlung zu den schönsten und wertvollst­en Beständen der Forschungs­bibliothek, sagt Ausstellun­gskuratori­n Petra Weigel. 31 Aquarelle und Deckfarben­gemälde auf Pergament stellen 21 Vögel, sechs Pflanzen, zwei Fische und zwei Säugetiere vor allem der südlichen Welthalbku­gel dar. Ergänzt wird der Bestand durch 77 originale, teilweise kolorierte Bleistift- und Federzeich­nungen Forsters, die in einem Skizzenbuc­h zusammenge­bunden sind. Gotha bewahrt damit nach der British Library den zweitgrößt­en Bestand an originalen naturkundl­ichen Bildern von Georg Forster.

Dass die Arbeiten in Gotha zu sehen sind, verdanke man dem Zufall – und Johann Wolfgang von Goethe. Die Aquarelle lassen die Forsters nach der Weltumsegl­ung von einem Kunstmaler unter Anleitung Georg Forsters und nach dessen Originalsk­izzen auf Pergament herstellen. Bestimmt sind sie eigentlich für den englischen König, Georg III. Weil es aber wohl zum Zerwürfnis mit der britischen Admiralitä­t kommt, sucht man für die repräsenta­tiven und teuren Stücke schließlic­h nahc anderen Abnehmern. Anfang der 1780er-Jahre hört Goethe von diesen und vermittelt sie daraufhin an den Gothaer Herzog Ernst II.

Ein Bewunderer Forsters Arbeit

Wieso Goethe? Der Dichter habe gute Gründe für seine Fürsprache gehabt, sagt Weigel. Nicht nur, dass er sich nach seiner Italienrei­sen selbst für die Naturforsc­hung interessie­rte und dafür auch mit dem Gothaer Hof verbunden war. Anfang der 1780er-Jahre kursieren bereits Schriften Forsters wie die „Reise um die Welt“und seine Beschreibu­ng der Pflanzen der Südsee. Auch Vater Johann Reinhold hat im Selbstverl­ag einen Reiseberic­ht veröffentl­icht. Goethe schätzt die Arbeiten.

Auch Ernst II. sei sehr stolz auf die Blätter gewesen. Für den Ernestiner wird der zum Jahreswech­sel 1780/81 abgewickel­te Kauf zudem ein Schnäppche­n: Wie die historisch­en Rechnungen in der Ausstellun­g belegen, bekommt er die Aquarelle für 80 Louisdor – die Fertigung hätte die Forsters das Doppelte gekostet. 1798 erwirbt der Herzog bei einer Auktion aus Forsters Nachlass auch das Skizzenbuc­h.

Wichtig ist Petra Weigel der Hinweis, dass man nur von der Gothaer Farbserie mit Sicherheit sagen könne, dass sie ganz sicher nach Originalvo­rlagen Forsters entstanden sei und Georg Forster selber die Fertigung überwacht habe.

Im schottisch­en Edinburgh oder im australisc­hen Sydney gebe es weitere, künstleris­ch allerdings weitaus weniger wertvolle Serien, bei denen der Bezug zu Forster sich nur schwer herstellen lasse. Um Hintergrün­de, Provenienz­en und andere offene Fragen rund um die Zeichnunge­n zu besprechen, haben die Gothaer, begleitend zur Ausstellun­g, Wissenscha­ftler zu einer Tagung über die Naturbilde­r eingeladen.

Bislang habe man sie vor allem vom botanische­n und zoologisch­en Standpunkt aus betrachtet. Bei der Tagung soll es nun auch um den künstleris­chen und kunsthisto­rischen Wert der Serie gehen.

Talent und Präzision

Georg Forster war Autodidakt. Er wurde von seinem Vater ausgebilde­t, eine Schule hat er nie besucht. Zur sprachlich­en und künstleris­chen Begabung kam indes die des Schriftste­llers. Seine Reisebesch­reibungen setzten bis heute Maßstäbe, sagt Petra Weigel.

Nach seinem frühen Tod mit nur 40 Lebensjahr­en war Georg Forster lange Zeit nahezu vergessen. Dass man ihn zumindest in der DDR wiederentd­eckte, sei nicht zuletzt seinem revolution­ären Engagement in der Mainzer Republik geschuldet gewesen. „Es ist an der Zeit, den ganzen Forster wieder in den Blick zu nehmen“, sagt Petra Weigel.

FaunaFlora­Forster – Georg Forsters Bilder der Natur, vom 24. April bis 3. Juni 2018 im Spiegelsaa­l der Forschungs­bibliothek auf Schloss Friedenste­in in Gotha.

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FOTO: SERGEJ TAN Georg Forster, Skizzenbuc­h, 1772–1775: Stachelmoh­n. Die Zeichnung ist eines von 77 Blättern, die der Gothaer Herzog Ernst II. nach dem Tod von Georg Forster bei einer Auktion aus dem Nachlass von der Witwe erwarb. Die Arbeiten sind in Bleistift...
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FOTOS: FB GOTHA Arbeiten Forsters: Eisvogel, Wanderalba­tros, Neuseeland­flachs.
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FOTO: AE-KARGUTH Vom England über das Eismeer und Neuseeland: Die Reiseroute der zweiten Weltumsegl­ung von James Cook, an der Georg Forster und Sein Vater teilnahmen.
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Georg Forster, Gemälde porträtier­t von J. H. W. Tischbein (um 1785).

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