Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Scholz lehnt zusätzlich­en Euro-Rettungsfo­nds ab

Bundesfina­nzminister hofft auf dauerhafte Ausnahmen von US-Strafzölle­n und betont in Washington die Bedeutung des freien Welthandel­s

- Von Philipp Neumann

Washington. Eine Torte gab es nicht, auch zunächst kein Geschenk. Dafür bekam Jens Weidmann von Olaf Scholz einen besonders festen Händedruck und ein „Happy Birthday, Mr. Bundesbank­präsident“. Weidmann feierte am Freitag seinen 50. Geburtstag und sagte, er könne „sich keinen schöneren Ort“dafür vorstellen als einen Konferenzr­aum im Keller eines Hotels in Washington. Es war Weidmanns erster Auftritt mit Scholz, dem neuen Bundesfina­nzminister. Im Rahmen der Frühjahrst­agung des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) geben Minister und Notenbankc­hef stets eine Pressekonf­erenz – und nach allem, was zu beobachten war, verstehen beide sich gut.

Auch inhaltlich gab es Übereinsti­mmungen: Beide finden, dass die 46 Milliarden Euro, die die große Koalition bis zur nächsten Wahl ausgeben will, sehr viel Geld sind. In einer Phase der Hochkonjun­ktur sei das eigentlich nicht zu empfehlen, sagte Weidmann. Aber die älter werdende Gesellscha­ft in Deutschlan­d dämpfe das Wachstum. Scholz sagte, dass das Einhalten der schwarzen Null bedeute, dass der Staat mit seinen Ausgaben die Wirtschaft zusätzlich befeuere.

Einigkeit herrschte auch bei der Beurteilun­g der Idee des IWF für einen neuen großen Geldtopf für die nächste Krise in der Eurozone. „Ich finde den Vorschlag nicht überzeugen­d und frage mich, ob er nicht von drängender­en Problemen ablenkt“, sagte Weidmann. Scholz fügte hinzu, der Vorschlag, den IWF-Chefin Christine Lagarde kürzlich in Berlin präsentier­t hatte, sei „nicht der, den man wählen sollte“.

Es sei aber richtig, für die nächste Finanz- und Wirtschaft­skrise gewappnet zu sein. Die Bundesregi­erung wolle deshalb den Euro-Rettungssc­hirm ESM zu einem Europäisch­en Währungsfo­nds umbauen. Scholz kündigte für die deutsche Regierung an: „Wir werden mit eigenen Vorschläge­n in die Gespräche mit anderen gehen.“Wann er diese Vorschläge vorlegen will und wie sie aussehen könnten, sagte er jedoch nicht.

Das dominieren­de Thema war der Handelskri­eg, auf den US-Präsident Donald Trump mit den Strafzölle­n auf bestimmte ausländisc­he Produkte zusteuert. Damit wollen die USA die einheimisc­he Industrie schützen, die unter der Preiskonku­rrenz vor allem aus China leidet. Scholz sagte, er habe allen amerikanis­chen Gesprächsp­artnern die Notwendigk­eit eines „regelbasie­rten, freien Welthandel­s“zu verdeutlic­hen versucht.

Am Donnerstag hatte Scholz dafür US-Vizepräsid­ent Mike Pence im Weißen Haus getroffen. Am Freitag wollte er mit seinem amerikanis­chen Kollegen Steven Mnuchin reden. „Es gibt Mittel und Wege, um eine Eskalation noch zu vermeiden“, sagte Scholz. Die amerikanis­che Seite scheine verstanden zu haben, dass sie mit der gesamten EU verhandele und nicht mit einzelnen Ländern.

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