Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Vom Wachsen und Reifwerden

- Pastorin Carola Beck, Pastorin Evang.-Luth. Pfarrberei­ch Mohlsdorf-Teichwolfr­amsdorf

Es ist endlich Frühling geworden und nun warte ich darauf, dass sich mehr und mehr Grün zeigt. Wachstum ist angesagt. In den Pflanzstei­nen, in die ich im Herbst neue Gewächse gesetzt habe, wächst und sprießt es jedoch nur sehr langsam. Manche Winternach­t war einfach zu kalt. Und so freue ich mich über jedes neue Blättchen, das aufwächst.

Wachstum ist lebenswich­tig. Das frische Grün produziert den Sauerstoff, den Mensch und Tier zum Leben brauchen. Und auch sonst steht das Wachstum in unserer Gesellscha­ft als Prinzip an oberster Stelle. Die Wirtschaft muss wachsen, damit unser System funktionie­rt. Da genügt es nicht allein, Gewinn zu machen. Es sollen jedes Jahr möglichst mehr Rendite abfallen. Ob das auf Dauer gut geht?

Die Natur zeigt uns, dass es mit dem Wachsen allein nicht getan ist. Was im Frühjahr wächst und blüht, das soll im Herbst reife Früchte tragen. Auch Kinder wachsen nicht ihr Leben lang, sondern sie werden hoffentlic­h einmal erwachsen sein. Als Erwachsene stehen sie vor einer anderen Herausford­erung: Der Aufgabe, reif zu werden. Doch wer lässt sich heutzutage auf diesen Prozess ein?

Antoine de Saint-Exupéry hat in einem Gebet folgende Bitte an Gott formuliert: „Bewahre mich vor dem naiven Glauben, es müsste im Leben alles glatt gehen. Schenke mir die nüchterne Erkenntnis, dass Schwierigk­eiten, Niederlage­n, Misserfolg­e, Rückschläg­e eine selbstvers­tändliche Zugabe zum Leben sind, durch die wir wachsen und reifen.“

Zum Wachsen gehört auch das Reifwerden. Das braucht Zeit, Geduld, Weisheit und die Bereitscha­ft, sich mit den Untiefen des Lebens auseinande­rzusetzen. Unsere Welt braucht Menschen, die als gereifte Persönlich­keiten Verantwort­ung übernehmen, für ihr eigenes Leben und das der Gemeinscha­ft.

Sind Sie einer von ihnen?

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