Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Wohnkommune am Inselplatz b
Ein Zuhause für fünfzehn Menschen, die sich für einen alternativen Wohnstil entschieden haben
Jena. Ein unscheinbares Haus, hinter Bäumen versteckt, der Putz blättert von den Wänden ab und der Vorgarten ist mit diversen Gegenständen zugestellt. Der erste Eindruck der Wohnkommune am Inselplatz 9b ist kein glanzvoller. Sie ist trotz allem ein Zuhause für fünfzehn Menschen, die sich hier für einen alternativen Wohnstil entschieden haben.
Diesem Thema widmet sich derzeit auch unser Gesellschaftswissenschaftskurs (Gewi) der zehnten Klasse des Angergymnasiums in Jena. Deshalb besuchten wir Ende November die „Insel“, um uns ein eigenes Bild davon zu machen, wie alternative Wohnformen in der Praxis aussehen.
Die Bewohner empfingen uns in einer warmen Stube mit Tee und Keksen. In dem folgenden Gespräch, in dem sie uns von ihrer Lebensweise berichteten, erfuhren wir viel Interessantes. So zum Beispiel von den Projekten in Sachen Politik, wie der Teilnahme an Demonstrationen, ihren Methoden einen möglichst kleinen, ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen, zum Beispiel durch den selbstständigen Anbau von Gemüse im Garten und einem „Abkommen“mit Supermärkten, dass sie nicht mehr zum Verkauf geeignete Lebensmittel bekommen und sie somit vor der Tonne retten. Auch von ihren Wegen der Entscheidungsfindung innerhalb der Gemeinschaft haben sie uns berichtet. So treffen alle fünfzehn Mitbewohner ihre Entscheidungen zusammen in einem Plenum. Ist nur einer strikt gegen einen Vorschlag, kann dieser nicht realisiert werden. Darüber hinaus nannten sie uns ihre drei Voraussetzungen für den Einzug: man muss es laut mögen, mit Chaos sollte man umgehen können und bereit sein, alles zu teilen.
Anschließend wurden wir durch das Haus geführt, um uns einen groben Überblick zu bieten. Dabei lernten wir auch die Bewohner kennen und hatten einen Einblick in ihre Zimmer, die Küchen, in denen immer zusammen gekocht wird, und die Bäder.
Zum Konzept des Hauses gehören besonders der Partykeller, der Garten, in dem im Sommer immer die Volksküche (Vokü) und einige Partys stattfinden und gemeinschaftliche Wohnzimmer. Vor dem Haus befindet sich die FreeBox nach dem Prinzip „was du nicht gebrauchen kannst, benötigt vielleicht ein anderer“. So legt man die Sachen einfach in die kleine Kiste und jeder kann zugreifen. Generell wurde uns bei allem immer mehr klar, dass Ordnung und Eigentum hier keine allzu große Rolle spielen.
Die Haustür ist für jeden offen, alles wird geteilt und auch der Kühlschrank steht immer allen zur Verfügung; nachdem jeder Bewohner natürlich seinen finanziellen Beitrag geleistet hat. So lernt man auch viel Neues im Umgang mit Menschen kennen und durch das Teilen ergänzen sich alle gegenseitig, sodass jeder seine Stärken einbringt und dafür Hilfe in anderen Bereichen bekommt.
Zum Abschluss setzten wir uns noch einmal in den Gemeinschaftsraum, haben einige Fragen gestellt und uns vor allem über die zukünftigen Probleme „Der Insel“unterhalten.
Die Stadt verdrängt die Kommune, da deren Mietshaus auf dem Grundstück steht, das, wie der ganze Lutherplatz, für den neuen Campus benötigt wird. Die alternativ angebotenen Wohnungen sind jedoch keine Ausweichmöglichkeiten, denn die Mitbewohner wollen zum einen ihre Nachbarn durch ihre lauten Partys nicht stören, außerdem gibt es nirgendwo die Möglichkeit eines so vielseitig nutzbaren Gartens.
Die Bewohner der Kommune haben schon viel versucht, um am Inselplatz 9b weiterhin bestehen zu können, doch der Räumungstermin wurde den ersten Mietern bereits mitgeteilt.
Mittlerweile, also Mitte März 2018, haben die ersten Mitglieder die Wohngemeinschaft bereits schweren Herzens verlassen, um den Kosten einer Zwangsräumung zu entgehen.