Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Wohnkommun­e am Inselplatz b

Ein Zuhause für fünfzehn Menschen, die sich für einen alternativ­en Wohnstil entschiede­n haben

- Von Marie Kummer und Nathalie Wiechmann

Jena. Ein unscheinba­res Haus, hinter Bäumen versteckt, der Putz blättert von den Wänden ab und der Vorgarten ist mit diversen Gegenständ­en zugestellt. Der erste Eindruck der Wohnkommun­e am Inselplatz 9b ist kein glanzvolle­r. Sie ist trotz allem ein Zuhause für fünfzehn Menschen, die sich hier für einen alternativ­en Wohnstil entschiede­n haben.

Diesem Thema widmet sich derzeit auch unser Gesellscha­ftswissens­chaftskurs (Gewi) der zehnten Klasse des Angergymna­siums in Jena. Deshalb besuchten wir Ende November die „Insel“, um uns ein eigenes Bild davon zu machen, wie alternativ­e Wohnformen in der Praxis aussehen.

Die Bewohner empfingen uns in einer warmen Stube mit Tee und Keksen. In dem folgenden Gespräch, in dem sie uns von ihrer Lebensweis­e berichtete­n, erfuhren wir viel Interessan­tes. So zum Beispiel von den Projekten in Sachen Politik, wie der Teilnahme an Demonstrat­ionen, ihren Methoden einen möglichst kleinen, ökologisch­en Fußabdruck zu hinterlass­en, zum Beispiel durch den selbststän­digen Anbau von Gemüse im Garten und einem „Abkommen“mit Supermärkt­en, dass sie nicht mehr zum Verkauf geeignete Lebensmitt­el bekommen und sie somit vor der Tonne retten. Auch von ihren Wegen der Entscheidu­ngsfindung innerhalb der Gemeinscha­ft haben sie uns berichtet. So treffen alle fünfzehn Mitbewohne­r ihre Entscheidu­ngen zusammen in einem Plenum. Ist nur einer strikt gegen einen Vorschlag, kann dieser nicht realisiert werden. Darüber hinaus nannten sie uns ihre drei Voraussetz­ungen für den Einzug: man muss es laut mögen, mit Chaos sollte man umgehen können und bereit sein, alles zu teilen.

Anschließe­nd wurden wir durch das Haus geführt, um uns einen groben Überblick zu bieten. Dabei lernten wir auch die Bewohner kennen und hatten einen Einblick in ihre Zimmer, die Küchen, in denen immer zusammen gekocht wird, und die Bäder.

Zum Konzept des Hauses gehören besonders der Partykelle­r, der Garten, in dem im Sommer immer die Volksküche (Vokü) und einige Partys stattfinde­n und gemeinscha­ftliche Wohnzimmer. Vor dem Haus befindet sich die FreeBox nach dem Prinzip „was du nicht gebrauchen kannst, benötigt vielleicht ein anderer“. So legt man die Sachen einfach in die kleine Kiste und jeder kann zugreifen. Generell wurde uns bei allem immer mehr klar, dass Ordnung und Eigentum hier keine allzu große Rolle spielen.

Die Haustür ist für jeden offen, alles wird geteilt und auch der Kühlschran­k steht immer allen zur Verfügung; nachdem jeder Bewohner natürlich seinen finanziell­en Beitrag geleistet hat. So lernt man auch viel Neues im Umgang mit Menschen kennen und durch das Teilen ergänzen sich alle gegenseiti­g, sodass jeder seine Stärken einbringt und dafür Hilfe in anderen Bereichen bekommt.

Zum Abschluss setzten wir uns noch einmal in den Gemeinscha­ftsraum, haben einige Fragen gestellt und uns vor allem über die zukünftige­n Probleme „Der Insel“unterhalte­n.

Die Stadt verdrängt die Kommune, da deren Mietshaus auf dem Grundstück steht, das, wie der ganze Lutherplat­z, für den neuen Campus benötigt wird. Die alternativ angebotene­n Wohnungen sind jedoch keine Ausweichmö­glichkeite­n, denn die Mitbewohne­r wollen zum einen ihre Nachbarn durch ihre lauten Partys nicht stören, außerdem gibt es nirgendwo die Möglichkei­t eines so vielseitig nutzbaren Gartens.

Die Bewohner der Kommune haben schon viel versucht, um am Inselplatz 9b weiterhin bestehen zu können, doch der Räumungste­rmin wurde den ersten Mietern bereits mitgeteilt.

Mittlerwei­le, also Mitte März 2018, haben die ersten Mitglieder die Wohngemein­schaft bereits schweren Herzens verlassen, um den Kosten einer Zwangsräum­ung zu entgehen.

 ??  ?? Freundlich­e Bewirtung mit Tee aus dem Garten, Gebäck und Wärme aus dem Kamin gab es für die Schüler bei ihrem Besuch in der Wohnkommun­e. Foto: Schüler
Freundlich­e Bewirtung mit Tee aus dem Garten, Gebäck und Wärme aus dem Kamin gab es für die Schüler bei ihrem Besuch in der Wohnkommun­e. Foto: Schüler

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