Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Erfurter Europameister: In Jahren zweimal um die Welt
Dieter Fromm, einst einer der besten Mittelstreckenläufer der Welt, feiert an diesem Sonnabend Geburtstag
Erfurt. Dieter Fromm hat sich einst selbst geadelt. Als Leichtathlet wurde er zwei Mal Europameister und nahm an den Olympischen Sommerspielen 1968 und 1972 teil. Wie die englische Königin feiert der einstige Weltklasse-Mittelstreckenläufer am heutigen Sonnabend Geburtstag. Der Erfurter wird 70. „Dabei fühle ich mich wie 55“, sagt Fromm, der tatsächlich so drahtig aussieht, wie es sich die meisten Mittvierziger wünschen würden. In all den Jahren hat er so viele Kilometer unter die Füße genommen, dass er in seinem Leben zweimal um die Welt gelaufen ist.
Fromm scheint der Sport in die Wiege gelegt, obwohl seine Eltern mit Leistungssport gar nichts zu tun hatten. Er war ein Spätzünder und hatte eigentlich gar keine Lust, als ihn sein Sportlehrer in Bad Langensalza zu einem Crosslauf überredete. Fromm, gerade 16 Jahre alt, machte mit – gewann auf Anhieb und war vom Lauffieber infiziert. Er wechselte an die Sportschule nach Erfurt und entwickelte sich zu einem der besten Mittelstreckler der Welt.
Alle Widerstände haben ihn nur härter gemacht. Wenn einst im Erfurter Georgij-DimitroffStadion im Winter die Runde vom Schnee bedeckt war, schnappte er sich selbst die Schaufel und kratzte zwei Bahnen frei. Eine Leichtathletikhalle gab es damals noch nicht. Viele Höhentrainingslager in der Sowjetunion, Bulgarien, Mexiko oder Kenia, die Einheiten im für den Laufsport perfekten Steigerwald und manchmal wöchentlich 180 Trainingskilometer legten den Grundstein zu seinen Erfolgen.
Nur drei Jahre nach dem Beginn seiner Karriere lief er einen Jugend-Europarekord. Forsch gestaltete Fromm seine Rennen, weil er immer gewinnen wollte. Bei seiner ersten Olympia-Teilnahme in Mexiko-Stadt wurde ihm das allerdings zum Verhängnis. Fromm fühlte sich bärenstark, bis der berühmte Mann mit dem Hammer auf der Zielgeraden zuschlug und er Sechster wurde. „Vorne solch ein Tempo zu machen war eine Dummheit“, sagt Fromm beim Blick zurück. Vier Jahre später ließ er sich bei den Spielen in München von der Mannschaftsleitung überreden, die Beine am Tag vor dem Finale durch eine Massage zu lockern. „Am nächsten Morgen konnte ich kaum laufen“, sagt Fromm, der Platz acht erreichte und so enttäuscht war, dass er aufhören wollte. Aufgeben aber war nie sein Ding. Zu den wertvollsten Erfolgen zählen der EM-Titel 1969 und Europameisterschafts-Silber im Jahr 1971. Hinzu kamen 13 DDR-Meistertitel über die 800 und 1500 Meter. Eine dritte Olympia-Teilnahme blieb ihm versagt, nachdem ihm in Leipzig im letzten Test vor den Spielen 1976 in Montreal ein Konkurrent in die Hacken trat und die Achillessehne gerissen war.
Spitzfindig ging er allem Ärger mit den DDR-Funktionären aus dem Weg, als er mit einem englischen Konkurrenten verbotener Weise das Trikot tauschte und wenig später sein Kontrahent mit dem Hemd des SC Turbine bei den nationalen Titelkämpfen auftauchte. „Das kam natürlich
Dieter Fromm gewann bei der EM 1969 in Athen die Goldmedaille und wurde Zweiter bei der Europameisterschaft 1971 in Helsinki. Zudem holte er 13 DDR-Meistertitel.
raus, aber meine Mutter hat mir einfach ein neues Trikot genäht“, erinnert sich Fromm, der später Talente sichtete, als Trainer arbeitete und an der Seite von Dieter Herrmann auch 800Meter-Olympiasieger Nils Schumann betreute.
Kein Alkohol, keine Zigaretten und viel Bewegung an der frischen Luft – ob beim Laufen, Wandern oder auf dem Mountainbike – sind das Rezept von Dieter Fromm, das ihn jung hält. Entspannung findet er neuerdings auch beim Malen. Stolz ist er, dass sein Sohn Alexander beim Top Team des Erfurter LAC als Trainer den Talenten den Weg bereitet und Enkelin Charlotte als Leichtathletin den nötigen Ehrgeiz zeigt.
Seinen Ehrentag verbringt der einstige Europameister mit seiner Familie bei einem Ausflug in den Thüringer Wald. „Eine Feier mit Freunden werde ich wohl im Sommer nachholen“, sagt Fromm ganz wie die englische Königin. Die feiert traditionell ja auch immer erst im Juni.
Verletzung verhindert dritten Olympia-Start