Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Dortmund liefert ein Spektakel der Verzweifelten
Der :-Sieg gegen die Konkurrenz aus Leverkusen ist ein Ausrufezeichen. Das Risiko von Trainer Peter Stöger beim Personal wird belohnt
Dortmund. Als eigentlich schon alles einmal gesagt war, öffnete Peter Stöger das Thema noch einmal einigermaßen ungefragt. Das Thema Marcel Schmelzer. Der Trainer von Borussia Dortmund hatte seinen Kapitän aus dem Kader gestrichen für die Partie gegen Bayer Leverkusen. Jene Partie, die zu einem beeindruckenden Spektakel wurde, die der BVB mit 4:0 (1:0) gewann und damit Wiedergutmachung betrieb für die leblose Leistung im Derby beim FC Schalke 04 eine Woche zuvor. Dort hatte Schmelzer mit einem Fehler und einer dürftigen Leistung die 0:2-Niederlage begünstigt. Keine Gnade, nicht einmal mit dem Kapitän. „Es ist nicht so“, begann Stöger also seine Einlassung, „dass Marcel Schmelzer der Verlierer dieser Geschichte ist.“Der Trainer hatte offenbar das Gefühl, dass genau jener Eindruck entstanden sein könnte. Argumente für derlei Interpretationen gibt es sicherlich. Aber Stöger wollte eben festhalten, dass alle zu den Gewinnern zählten. Unerwähnt ließ er, was alle sehen konnten: Dass er selbst der größte Gewinner dieses Tages war.
Der 52-Jährige war enormes Risiko gegangen. Hatte den Kapitän aussortiert und durch einen gelernten Innenverteidiger (Manuel Akanji) ersetzt. Mit Julian Weigl, Jadon Sancho und Mario Götze bot er viel neues Personal in einer anderen Grundformation (4-1-4-1) auf. Alles auf Null. „Die Umstellungen haben mehr als gegriffen“, lobte Sportdirektor Michael Zorc seinen Trainer.
Vor allem Sancho lieferte eine feine Partie ab, schoss den ersten Treffer selbst (13.), bereitete die Treffer drei und vier durch Maximilian Philipp (63.) und Marco Reus (79.) betörend galant vor: einmal inklusive einer Ballmitnahme mit der Hacke, einmal mit einer gefühlvollen Flanke. „Überragend“, schwärmte Zorc. Nur beim 2:0 durch Reus (55.) nach Vorlage von Götze hatte Sancho seine feinen und flinken Füßchen nicht mit im Spiel. „Wir alt ist er? 18?“, fragte Reus nach dem Spiel fast ungläubig. „Ich war nicht so weit in dem Alter. Respekt, wie er das heute gemacht hat.“Auch Peter Stöger kam um ein Lob nicht herum, verband es aber mit einer Ermahnung. „Er hat die Dynamik, um Eins-gegen-eins-Situationen zu lösen – wenn er klar in seinem Spiel ist und sich nicht verzettelt. In den letzten Wochen hat er einen Schritt gemacht in der Trainingsarbeit.“Stöger blieb sich an diesem Tag treu: ehrlich, auch wenn’s weh tut.
Es ist, als agiere er mit dem Mute der Verzweiflung - und als habe er sich mit einer seiner letzten Patronen noch einmal Respekt verschafft. Doch die Stimmung bleibt angespannt: Nach dem Sieg blieben die obligatorischen Feierlichkeiten der Mannschaft mit den Fans aus, Pfiffe mischten sich in die Begegnung vor der Südtribüne.