Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Täglich drei Angriffe auf Polizisten
Im vergangenen Jahr wurden bei Attacken auf Beamte in Thüringen Polizisten verletzt. Trotz einer Gesetzesverschärfung blieben diese Zahlen weiter hoch. Die Gewerkschaft sieht die Politik in der Pflicht.
Gera. Die Bereitschaft, gewaltsam auf Polizisten loszugehen, ist in Thüringen weiterhin hoch. Selbst eine bundesweite Gesetzesverschärfung konnte daran im vergangenen Jahr nichts ändern. Dreimal am Tag werden im Freistaat im Durchschnitt Polizisten angegriffen oder es wird sich ihnen mit Gewalt widersetzt. „1175 derartige Attacken wurden im Vorjahr in Thüringen registriert“, sagt Patrick Martin, Sprecher der Landespolizeidirektion in Erfurt. Das waren nur 65 Straftaten weniger als vor zwei Jahren.
Allerdings wurden dabei 2339 Polizistinnen und Polizisten verletzt. Das ist ein leichter Anstieg und damit die bisher höchste erfasste Quote an Verletzten.
Die Zahl der Übergriffe sei erschreckend hoch, kommentiert Kai Christ, Thüringer Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), diese Zahlen. Seit dem Vorjahr biete die Gewerkschaft ihren Mitgliedern Rechtshilfe an. Dabei zeige sich, dass immer mehr Beamtinnen und Beamte um Hilfe bitten, um beispielsweise Forderungen nach Schmerzensgeld gegen mutmaßliche Angreifer durchzusetzen, so Kai Christ.
Der Gewerkschaftschef kritisiert aber auch die Politik. Der Respekt gegenüber den Beamten, aber auch gegenüber Rettungssanitätern, Notärzten oder Feuerwehrleuten fehle inzwischen häufig. Attacken würden zudem nicht mehr nur am Rande von Demonstrationen erfolgen. Auch bei Einsätzen wegen häuslicher Gewalt, auf Kirmesveranstaltungen oder an Samstagabenden in Innenstädten werden Polizisten angegriffen.
Sei es früher häufig bei Beleidigungen geblieben, würden heute auch Steine fliegen oder es werde zugeschlagen, so der Gewerkschafter. Hätten sich Streithähne auf einer Kirmes früher wieder beruhigt, wenn die Polizei eingetroffen war, heize sich inzwischen die Stimmung da erst richtig auf. Beamte hätten kaum Chancen zu deeskalieren.
Da sei es wenig hilfreich, wie vor zwei Jahren geschehen, wenn von einer der Regierungsparteien ein Foto mit den drei Fraktionsvorsitzenden verbreitet werde, auf dem dann das Logo „ACAB“nachträglich eingefügt wurde. Der Schriftzug steht für „all cops are bastards“.
Die GdP erhofft sich künftig mehr Unterstützung von der Politik. Gewalt gegen Einsatzkräfte müsse viel intensiver in den Fokus genommen werden.
In diesen Zahlen nicht enthalten sind die Übergriffe, denen Thüringer Polizisten während ihres Einsatzes zum G 20-Gipfel in Hamburg ausgesetzt waren. Die Kriminalstatistik zählt immer nur die Straftaten innerhalb eines Landes. Etwa 450 Thüringer Beamte waren in Hamburg im Einsatz, 13 von ihnen erlitten Verletzungen.