Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Radartechnik für die blinkenden Riesen
Um das nervige Rotlicht von Windrädern zu steuern, setzt Rot-Rot-Grün auf bundeseinheitliche Regelung. Opposition: „Schaufensterantrag“
Erfurt. Die rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen wollen das nächtliche Blinken von Windrädern einschränken. Zwar führen der Abstand der Anlagen zu Siedlungen und die geringe Lichtstärke nicht zu schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. „Trotzdem fühlen sich Menschen von der aktuellen Art der Befeuerung teilweise gestört. Wir fordern deshalb die Landesregierung auf, sich für eine bundeseinheitliche Lösung einzusetzen“, sagt der LinkeLandtagsabgeordnete Steffen Harzer im Gespräch mit dieser Zeitung.
Seit dem vergangenen Jahr gebe es zugelassene Radarsysteme, aber keine durchgängige Regelung, berichtet Harzer. Jedes Bundesland mache sein Ding, oder eben nichts.
„Um die Akzeptanz für Windenergienutzung zu erhöhen, sollten wir deswegen auf moderne Systeme zurückgreifen beziehungsweise umrüsten, die gewährleisten, dass die Kennzeichnung nur dann geschaltet wird, wenn sie tatsächlich gebraucht wird“, meint die energiepolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Eleonore Mühlbauer.
Für den Grünen-Parlamentarier Roberto Kobelt ist eine bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung „das Gebot der Stunde“. Sie sei seit 2015 rechtlich zulässig und solle jetzt auf Bundesebene zum Standard werden.
Der Unionsabgeordnete Stefan Gruhner spricht von einem „Schaufensterantrag“und fordert, die Landesregierung solle nicht nur im Bundesrat aktiv werden, „sondern ganz konkret die Thüringer Bauordnung um einen Passus ergänzen“. Der sieht vor, neue Windparks ab 2019 mit einer bedarfsgerechten Technik für Nachtbefeuerung zu versehen.
Neben den Neuanlagen sollen perspektivisch auch Bestandsanlagen schrittweise mit modernen Systemen ausgerüstet werden.
Aus Sicht der AfD-Fraktion dient die Initiative in erster Linie der Imagepflege. „Zum einen für die Windkraft, zum andern für deren politische Protagonisten aus dem rot-rot-grünen Lager und der CDU“, kritisiert der Parlamentarische Geschäftsführer Stefan Möller.
Infrastrukturministerin Birgit Keller (Linke) lässt auf Anfrage dieser Zeitung mitteilen: Bedarfsgesteuerte Nachkennzeichnungen müssten grundsätzlich von der technischen Ausstattung der Luftfahrzeuge unabhängig sein und unterlägen einer Anerkennungspflicht durch die Deutsche Flugsicherung. Zunächst erfolge die Anerkennung der allgemeinen Produktspezifikation und anschließend die Überprüfung der Installation am Standort. Es gebe verschiedene Systeme beziehungsweise Kombinationen aus diesen, zum Beispiel auf Radarund/oder optischer Basis.
„Die Anlage muss selbstständig relevante Luftfahrzeuge detektieren und bei Annäherung des Luftfahrzeugs ab einer bestimmten Entfernung die Nachtkennzeichnung der Windenergieanlage einschalten und nach Verlassen des Wirkungsraums wieder abschalten“, erläutern die Experten im Infrastrukturministerium.
Eine verpflichtende Einrüstung sei in der Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen nicht vorgesehen, heißt es im Infrastrukturressort. Das Ganze sei mit erheblichen Mehrkosten für den Anlagenbetreiber verbunden und auch nicht in jedem Fall erforderlich. Die Kosten pro Windpark werden auf einen mittleren sechsstelligen EuroBetrag geschätzt.
In Thüringen gibt es nach Angaben des Umweltministeriums etwa 840 Windenergieanlagen. Im Normalfall sei eine Nachtkennzeichnung ab 100 Metern Gesamthöhe notwendig, jedoch seien letztlich die standortspezifischen Vorgaben und die Zustimmung der Luftfahrtbehörde ausschlaggebend.