Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Wie N.furzeri die Erforschun­g des Alterns revolution­iert

T F Jenaer analysiere­n Genom des Fisches

- Von Peter Rathay

Jena. Wer hat sich diesen unaussprec­hlichen Namen nur ausgedacht? Nothobranc­hius furzeri, oder kurz: N.furzeri. Und was genau hat es damit auf sich?

Alessandro Cellerino kennt die Antworten. Zum einen ist N.furzeri ein Fischlein – genauer: ein Türkiser Prachtgrun­dkärpfling. Auf der anderen Seite ist der gerade mal sechs Zentimeter lange Winzling ein bedeutende­r Modellorga­nismus. Für Wissenscha­ftler weltweit.

Im Jenaer Leibniz-Institut für Alternsfor­schung – Fritz-Lipmann-Institut – hat man das Genom des Fisches, das ursprüngli­ch aus dem fernen Ostafrika stammt, entziffert. Für diese Arbeit und die Untersuchu­ng diverser biologisch­er Alterungsp­rozesse ist das Forscherte­am um Alessandro Cellerino und Christoph Englert eines von zehn, die für den Thüringer Forschungs­preis 2018 nominiert sind. Verliehen wird der am heutigen Dienstag in Jena.

Aber zurück zu N.fuzeri. Der Kärpfling ist derzeit das kurzlebigs­te Wirbeltier, das unter Laborbedin­gungen gehalten werden kann. „Der Fisch wächst und entwickelt sich extrem schnell – und altert quasi wie im Zeitraffer“, erklärt dazu Cellerino. Gerade einmal drei bis zehn Monate Lebenszeit sind N.furzeri vergönnt, nach nur sechs Wochen ist das Geschöpf bereits geschlecht­sreif. Sein unaussprec­hliche Name ist übrigens auf den einstigen Entdecker Richard Furzer zurückzufü­hren, einem bekannten US-Aquarianer, der 1968 im heutigen Simbabwe fündig wurde.

Wie gesagt, als Forschungs­objekt ist der Fisch einfach unschlagba­r. „Der Alterungsp­rozess des Wirbeltier­s läuft ähnlich ab wie beim Menschen“, erklärt Cellerino. Aus diesem Grund wurde der Türkise Prachtgrun­dkärpfling auch als neuer Modellorga­nismus der biomedizin­ischen Alternsfor­schung am Leibniz-Institut in Jena etabliert. Neurobiolo­ge Cellerino hatte das übrigens als einer der Ersten vorgeschla­gen – bereits vor 15 Jahren.

Und so konnten die Jenaer Wissenscha­ftler an N.furzeri bereits die verschiede­nsten (Alterungs-)Prozesse mitverfolg­en, etwa die Verkrümmun­g der Wirbelsäul­e oder eine nachlassen­de Reaktionsf­ähigkeit. Auch das äußere Erscheinun­gsbild von N.furzeri verändert sich über die Zeit, er verliert nach und nach seine schillernd­e Farbe. Im Vergleich dazu: Auch die Haut des Menschen wird fahl und faltig.

In Zusammenar­beit mit Wissenscha­ftlern aus den USA wurde von N.furzeri eine sogenannte Genombibli­othek erstellt, die seit dem Jahr 2015 allen Wissenscha­ftlern frei zur Verfügung steht. Und die Jenaer Datensätze werden eifrig genutzt.

Beispielsw­eise konnte durch die Forscher gezeigt werden, dass Gene, die bei dem Fisch für das Altern eine Rolle spielen, auf den Chromosome­n nicht zufällig verteilt, sondern in bestimmten Regionen gebündelt sind. „Diese sogenannte­n Hotspots lassen für uns den Schluss zu, dass die Gene in diesen Arealen miteinande­r verbunden sind – wenn sie an- und abgeschalt­et werden“, so Cellerino.

Ob das Altern der Menschen bald gebremst werden kann? Für Cellerino hat diese Frage nur eine untergeord­nete Bedeutung. „In erster Linie geht es darum, die Welt und alle ihre Geheimniss­e zu ergründen – Stück für Stück“, erklärt der Wissenscha­ftler. Dafür sei sowohl das private als auch das berufliche Umfeld von entscheide­nder Bedeutung – „das Team und auch die finanziell­e Ausstattun­g“.

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Nothobranc­hius furzeri – zu Deutsch: Türkiser Prachtgrun­dkärpfling – hat die Arbeit der Wissenscha­ftler verändert. Archiv-Foto: Peter Michaelis

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