Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Ein wacher Geist mit spitzer Feder
Zeulenroda-Triebes. Bildfolgen, mit kindlicher Naivität, aber mit großem Witz zu Papier gebracht: So hat Manfred Sondermann begonnen, die Welt und wie er sie sieht, mit wenigen Strichen zu skizzieren. In Berlin geboren und in Zeulenroda aufgewachsen, hat sich der Künstler weit über die Kreisgrenzen hinweg einen Namen gemacht. Er ist ein Mann mit einem wachen Geist und einer spitzen Feder. Am 2. Juli feierte der Karikaturist seinen 80. Geburtstag.
Humor sei seiner Familie immer eigen gewesen, sagt Manfred Sondermann. Inspiriert von der Kult-Comic-Serie „Vater und Sohn“– er bekam eines der Bücher von seiner Tante zum Geburtstag geschenkt – griff der Zeulenrodaer als Kind selbst zum Stift, zeichnete, malte, pro-
bierte sich aus, entwarf „Witzbilder“, wie er die ersten zeichnerischen Gehversuche nennt. „Vater und Sohn“– das sind Geschichten, in denen es um Alltagsprobleme des eierköpfigen Familien-Duos geht. Themen, die nah an den Menschen sind, mit ihrer Lebensrealität zu tun haben. So findet auch Manfred Sondermann bis heute seine Vorlagen in aktuellen Themen, bei dem, was die Menschen, aber auch ihn persönlich bewegt. Da ist unter anderem sein Zyklus, der sich mit der Erde beschäftigt, und dem, was der Mensch daraus macht. Dass der Zeulenrodaer da auch den Finger in so manche Wunde legt, ist Inbegriff der Karikatur und seiner Arbeit, die ihn ab und an auch schon mal traurig stimmt. Wie eben im Fall seiner UmweltKarikaturen, wenn ihm während seiner Schaffensphase klar wird, „dass wir so machtlos sind. Es ist nicht fünf vor, sondern fünf nach zwölf“, sagt er, blickt aus dem Fenster und erzählt von einer Landschaft, in der kaum noch Insekten leben, die den heimischen Vögeln als Nahrung dienen, und stattdessen der Mensch die gefiederten Tiere das ganze Jahr über füttert.
Im Betrachter lösen diese Bilder zunächst ein Lächeln aus, weil sie mit wenigen Strichen auf den Punkt bringen, wofür viele Autoren eine Unmenge an Wörtern brauchen würden. Dann aber hinterlassen sie eben diesen bittersüßen Beigeschmack, den der Künstler selbst empfindet. Rütteln die Darstellungen auf und initiieren sie ein Umdenken, dann hat Manfred Sondermann gewonnen. Hoffnungslosigkeit – das ist aber nicht seine Sache, und so hat er zum Schluss des UmweltZyklus‘ seinen Wunschtraum verbildlicht: eine bunte Erde, ein Globus, über und über mit Blumen übersät. Dieses Thema habe er nun aber abgeschlossen, sagt er.
Auch wenn politische Karikaturen erst zu Sondermanns Nach-Wende-Schaffen gehören, die unter anderem in der Frankenpost veröffentlicht wurden, und er mit den Figuren Ossikar und Wessikar das Ost-West-Verhältnis analysierte, wie immer spitzfindig und treffsicher, bar jeder Kritik waren seine Zeichnungen auch zu DDR-Zeiten nie. Repressalien habe er dadurch aber trotzdem nicht erfahren. So beschäftigte er sich
schon früh in seinen technischen Karikaturen mit dem Verhältnis von Mensch und Maschine. Heute, 30 Jahre, nachdem der Verlag Technik 1987 diese Blätter in einem Büchlein im Miniformat mit dem Titel „Das Küsschen für den Roboter“veröffentlichte, ist dieser Themenkomplex immer noch brandaktuell. Das Gebiet der künstlichen Intelligenz und dessen Bedeutung für und Auswirkungen auf den Menschen beschäftigen den 80-Jährigen zurzeit.
Ebenfalls ganz aktuelle Arbeiten aus der Feder Sondermanns sind bei der neunten Triennale unter dem Titel „Lauter lupenreine Demokraten“im Satiricum des Sommerpalais Greiz zu sehen. Die Schau geht noch bis zum 7. Oktober. Als Titelbild des Ausstellungskatalogs, gestaltet von Grafiker Tobias Seyfarth, wurde eine von Manfred Sondermanns Karikaturen ausgewählt. Außerdem arbeitet er weiterhin als Illustrator für verschiedene Verlage, die unter anderem Schul- und Lehrbücher herausgeben. Und seine Schaffensphase hat noch lange kein Ende – nicht so lang sein Zeichenstift spitz ist und sein Geist wach.