Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Der König des Jugendstils
Ab Sonntag lädt das Kunstmuseum Moritzburg Halle zur großen Gustav-Klimt-Ausstellung
Halle. Klimt. Kurz und knapp heißt die neue Sonderausstellung im Kunstmuseum Moritzburg „Klimt“. Vorname nicht nötig; jeder weiß, keiner hat so viele schöne Frauen gemalt wie dieser Wiener Künstler. Kaum einer erzielt heute auf dem Kunstmarkt so spektakuläre Preise. Keinen umschwirrt eine so magischerotische Aura wie diesen Mann.
„Klimt kommt nach Halle!“warb das Museum. Schon die Ankündigung ein Erfolg. Bereits 150 Führungen sind gebucht. Dem Team um Direktor Thomas Bauer-Friedrich ist die Sensation gelungen. Zum 100. Todestag des Malers kann Halle die einzige Klimt-Retrospektive außerhalb Österreichs zeigen, selbstverständlich ist es die erste in Mitteldeutschland.
Warum gelingt in Halle, wovon man andernorts nicht einmal träumen kann? Die Kunstsammlung der Moritzburg, das wissen nicht viele, besitzt eines von nur vier Gemälden des Meisters, die sich in Deutschland befinden. Das Porträt der Marie Henneberg. Die schöne Dame in Blau rückt das Museum ins Zentrum der Sonderausstellung, macht sie diese doch erst möglich. Denn, falls überhaupt, leiht man einen Klimt nur demjenigen, von dem man einen Klimt leihen kann.
So konnte man das Porträt der Eugenia Primavesi aus Japan holen. Nach der Stippvisite in Halle wird es gemeinsam mit Marie Henneberg zurückreisen. Insgesamt zu sehen: zehn hochkarätige Gemälde und 63 sensationelle, oft explizit erotische Zeichnungen, Frauenakte und -halbakte.
Marie Henneberg malt Gustav Klimt für den Salon der neuen Villa, die sich das Paar vom Stararchitekten des Jugendstils Josef Hoffmann auf der Hohen Warte errichten lässt. Zuvor wird das Werk in der Ausstellung der Wiener Secession gezeigt, deren Gründungspräsident Gustav Klimt ist, zusammen mit Gummidrucken von Hugo Henneberg. Eigentlich ist der in Wien geborene Hugo Henneberg Naturwissenschaftler. Die Schule besuchte er im thüringischen Schnepfenthal. In Jena hat er Physik, Chemie, Astronomie und Mathematik studiert, sich jedoch schon früh ganz der Fotografie verschrieben. Zur Klimt-Ausstellung gehört ein Raum, in dem Hennebergs kostbare Gummidrucke und Grafiken zu sehen sind. Eine Entdeckung.
Von der Hennberg-Villa ist es nur ein Katzensprung bis zum Haus des Malers Carl Moll, des Stiefvaters von Alma Schindler. Gustav Klimt macht der blutjungen Schönheit den Hof, bevor sie Zemlinksky den Kopf verdreht, um mit Gustav Mahler dann einen anderen Komponisten zu heiraten. Nach Mahlers Tod wird sie die Geliebte von Oskar Kokoschka, heiratet aber den Architekten Walter Gropius und später den Schriftsteller Franz Werfel.
Wien um 1900 ist lebendig, erotisch aufgeladen, legendär, ein Hotspot der Moderne. Mit dem Bau der Ringstraße sprengen die zu märchenhaftem Reichtum gelangten Großbürger nicht nur die Grenzen der Stadt. Was modern, was chic ist, was moralisch, was Kunst ist, bestimmen nun sie. Unzählige Romane, Biografien, Dokumentar- und Spielfilme erzählen von dieser Zeit. Auch von dem, was danach kam. Gut in Erinnerung die Geschichte des Gemäldes „Adele Bloch-Bauer“. Es ist heute die Mona Lisa in Ronald Lauders Neuer Galerie in New York.
Gustav Klimt wird 1862 in Wien geboren, er ist das zweite von sieben Kindern. Mit seinem Bruder Ernst, der ebenfalls Maler wird, betreibt er lange eine Ateliergemeinschaft. Es entstehen Vorhänge und Deckengemälde für neue Theater, Wandgemälde für Bürgerhäuser, Villen und Paläste.
Malerei studieren konnte Gustav Klimt nur dank eines Stipendiums, sonst hätte er Goldgraveur werden müssen wie der Vater. Was für ein begnadete Zeichner er ist, zeigen schon die ganz frühem, akademischen Arbeiten, wie nun in Halle zu sehen. Auf Gold zurückgekommen ist er später auch noch, in seiner Goldenen Phase.
Gustav Klimt, der Vielseitige, der mit seinen Freunden den Wiener Jugendstil erfindet, wird sein bekanntester Protagonist. Klimt heiratet nie, hinterlässt aber sieben Kinder, als er im Februar 1918 an einem Schlaganfall stirbt. Es sind die feinen Damen der Wiener Gesellschaft, deren betuchte Gatten bei Klimt Porträts bestellen. Ob es beim Modellsitzen bei der reinen Kunst bleibt, darum ranken sich zahlreiche Gerüchte. Keiner damals malt so viele schöne Frauen wie Gustav Klimt. Keiner hat die Frauen so schön gemalt wie er. Es sind grandiose Gemälde, wie grandios, sieht man, wenn man einigen von ihnen nun in Halle leibhaftig begegnet.