Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Chefsessel im Kinderzimmer
Technik, Kunst und eine Generation, die ohne Grenzen denkt: Der -jährige Greizer Rudy Ille ist Unternehmensgründer
Greiz. Eigentlich sieht Rudy Illes Zimmer aus wie das der meisten 17-Jährigen. Vor dem Fernseher summt eine Spielekonsole, ein riesiges Poster seiner Lieblingsserie hängt an der Wand und auf dem Schreibtisch liegt ein zugeschlagener Mathe-Hefter. Doch zwischen den üblichen Verdächtigen der Jugendzimmernormalität liegt auch ein frisch gedruckter Stapel Visitenkarten. Denn der Greizer Schüler ist Unternehmensgründer.
„The Fink“heißt die Internetplattform, die er sich mit Mitstreitern aus ganz Deutschland ausgedacht hat. Fink? „Das ist der Protagonist unseres Logos“, sagt Rudy. Ein Kopf, dem Noten, Filmrollen und Buchstaben um die Rübe schwirren.
„Fink kommt von ‚Think‘, der englische Ausdruck für Denken“, erklärt Rudy. Und darum ginge es schließlich auch: Menschen, die kreative Ideen umsetzen wollen, im Internet zusammen zu bringen. Die Plattform soll ihnen helfen, sich zu vernetzen und gemeinsam an Projekten zu arbeiten. Noch schwärmt der Text auf der Webseite nur davon, was zum geplanten Start Ende des Jahres alles möglich sein soll. Doch den Kinderschuhen sei „The Fink“längst entwachsen, sagt er. So wie auch Rudy Ille nur noch mit einem Fuß darin zu stehen scheint. Wie zum vermeintlichen Gegenbeweis betritt seine Mutter den Raum. „Bis später. Ich fahre noch mal in die Stadt“, sagt sie. Nach erledigten Hausaufgaben muss sie nicht fragen. „Die Schule fiel mir schon immer relativ leicht“, sagt Rudy. Physik, Mathe, Wirtschaft und Recht: Das sei alles kein Problem.
Doch es sind nicht nur die naturwissenschaftlichen Fächer, die es ihm angetan haben. Denn Rudy schreibt auch Texte, tritt bei Poetry-Slams auf, wo er diese dem Publikum vorträgt. Beim Wettbewerb Lese-Scout der Greizer Bibliothek räumt er im September den Preis für den besten selbst geschriebenen Text ab.
Unternehmergeist, Sinn für Lyrik und Zahlen: Ist Rudy Ille ein Alleskönner oder schimmert bei ihm die Unentschlossenheit der Jugend durch? „Für mich sind Technik und Kunst keine Gegensätze“, sagt er. Besser könnte man das Selbstverständnis der durchdigitalisierten Generation Z nicht beschreiben.
Rudy hat bereits mit 13 Jahren einen eigenen Youtube-Kanal. In sogenannten „Let‘s Plays“schauen ihm tausende Leute beim Durchzocken von Videospielen über die virtuelle Schulter. Das Gezeigte moderiert er originell. In anderen Videos kommentiert er die YoutubeSzene. „Bei vielen Inhalten dachte ich: Das geht professioneller und kreativer“, sagt er.
Auch er selbst möchte damals seine Inhalte weiter entwickeln, professionellere Videos ins Netz stellen. Also sucht er nach Mitstreitern für ein ambitioniertes Projekt. Mit eigener Website, eigenem Logo und innovativen Ideen. Doch die Suche nach Programmierern, Entwicklern und Designern führte ihn letztlich nur auf digitale Jobbörsen, wo Freiberufler und Professionelle ihre Diensten anbieten. Dafür reicht sein Taschengeld leider nicht aus. So war die Idee für „The Fink“geboren. „Auch ein sehr junger Youtuber kann plötzlich mal schnell 2000 Abonnenten haben“, sagt er. Abonnenten sind quasi die Fans der Videomacher. Das sind Reichweiten, in denen sich durch Werbeschaltung bereits Geld verdienen lässt.
An dieser Grenze zwischen Hobby und Professionalität wolle er mit „The Fink“ansetzen. Es soll Kreativköpfen aus allen Bereichen ermöglichen, sich für einzelne Projekte zusammen zu schließen. „Um sich künstlerisch und professionell weiter zu entwickeln und “sagt Rudy.
Seine eigene Entwicklung hat Rudy fest vor Augen. Auch wenn er diese nicht so linear plant, wie die jungen Menschen vor dreißig Jahren. Wirtschaft und Psychologie studieren, das findet er interessant. „Mal sehen, wie es mit dem Unternehmen läuft. Erst einmal möchte ich Kontakte und Erfahrungen sammeln. Die Entscheidungen, hin zu der Person, die ich mal sein will, sind noch völlig offen“, sagt er.
Entscheidungen. Darum ging es auch in Rudys Text, mit dem er den Lese-Scout Wettbewerb gewann. „Egal, ob im Business oder im Leben: Es geht um deine Entscheidungen“, sagt er.
Und das klingt tatsächlich nicht nach Unentschlossenheit. Es klingt eher nach dem Ansatz einer Generation, die die unzähligen Möglichkeiten des beruflichen und privaten Glücks nicht zu überfordern scheint. Die wie Rudy kein Problem damit hat, Kind, Unternehmer und Künstler zur gleichen Zeit zu sein.
Zwischen Hausaufgaben und Business-Plan
Fink kommt vom englischen Wort ‚Think‘
■ www.thefink.net