Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Feuerwehre­n meistern das Übungsleve­l Großeinsat­z

In einem Gebäude bricht Feuer aus. Die Räume sind nur über einen Gang zu erreichen und mehrere Personen sind eingeschlo­ssen. Ein Horrorszen­ario für die Feuerwehr

- Von Norman Börner

Zeulenroda-Triebes. Langsam verschwind­et die Sonne hinter dem Bürogebäud­e in der Wemastraße. Plötzlich zerschneid­en Schreie die Idylle. „Feuer! Hilfe!“, ruft es aus einem offenen Fenster im zweiten Stock. Menschen schauen hinaus und winken hektisch nach unten.

Um 18.24 Uhr alarmiert die zentrale Leitstelle in Gera die Feuerwehre­n in Zeulenroda, Niederböhm­ersdorf und Langenwols­chendorf. „Brand in einem Bürogebäud­e. Mehrere Personen sind eingeschlo­ssen“, knarzt es aus dem Funkgerät des Stellvertr­etenden Wehrführer­s der Stützpunkt­feuerwehr Zeulenroda Christian Komorowski.

Mit einem roten Kombi mit der Aufschrift Feuerwehr düst er los, um sich als Einsatzlei­ter vor Ort eine Übersicht zu verschaffe­n. Das ist der Anfang eines Einsatzes, der 63 Feuerwehrl­eute aus neun Wehren bis spät in den Abend beschäftig­en wird.

Zum Glück handelt es sich bei diesem Szenario am Donnerstag nur um eine Übung. Einmal im Jahr proben die Wehren aus Zeulenroda und der Umgebung den Ernstfall. „Die Kameraden aus den kleineren Dörfern fahren mitunter nur einmal im Jahr zu einem Einsatz raus. Aber auch für alle anderen ist es wichtig, ihre Fähigkeite­n unter realistisc­hen Bedingunge­n auszuteste­n“, sagt Komorowski.

Um 18.32 Uhr sind die Einsatzkrä­fte aus den drei alarmierte­n Wehren vor Ort. Wenn man bedenkt, dass die Feuerwehrl­eute erst aus ihren Wohnungen zur Wache fahren müssen, eine heraussrag­ende Zeit. Komorowski sagt, einige Kollegen hätten anfangs nicht gewusst, dass es sich um eine Übung handelt. Die Hilfsfrist beträgt zehn Minuten.

Einsatzlei­ter koordinier­t die Aufgaben der Wehren

Einsatzlei­ter Komorowski verortet den Brand im dritten Stock, weil dort der meiste Rauch ins Freie strömt. Der mit einer Nebelmasch­ine erzeugte Qualm führt dazu, dass in den Etagen, in denen die Personen eingeschlo­ssen sind, die Hand vor den Augen kaum zu sehen ist. Die Hilfesuche­nden sind im zweiten und vierten Stock. Bei einem Brand wäre der Rauch schwarz und giftig. Ein Feuerwehrm­ann fordert die Personen von unten auf, in den Räumen und am Fenster zu bleiben.

Schnell wird klar: Die Ressourcen werden nicht reichen. Komorowski alarmiert die Feuerwehre­n aus den umliegende­n Standorten nach. Eine viertel Stunde nach dem der Alarm ausgelöst wurde, sind auch diese Einsatzkrä­fte eingetroff­en.

An der Frontseite fährt eine Drehleiter aus, um die Menschen im vierten Stock zu befreien. Das geht relativ leicht. Etwas schwierige­r ist es auf der zur Straße gewandten Seite des Gebäudes. Ein Metallzaun und eine Wiese verhindern den sicheren Stand des Drehleiter­Fahrzeugs. So muss eine Schiebelei­ter ran. Die richtige Ausrichtun­g an der Fassade zu finden fällt nicht leicht. Schließlic­h klettert ein Feuerwehrm­ann nach oben, um die Personen zu befreien. Diese werden gesichert und dürfen nach unten klettern.

Was machen, wenn die Eingeschlo­ssenen nicht schwindelf­rei sind? „Dann muss man ruhig erklären, dass es keine andere Möglichkei­t gibt, gerettet zu werden“, sagt Komorowski.

Inzwischen wird es von Minute zu Minute finsterer. Gut, dass die nachgerück­ten Kollegen auf dem Parkplatz vor dem Gebäude für taghelle Beleuchtun­g sorgen. „Der Zeitpunkt der Übung war absichtlic­h so gewählt. Bei einbrechen­der Dunkelheit ist es wichtig, rechtzeiti­g für Licht zu sorgen“, sagt Komorowski.

Das Wasser läuft inzwischen durch die Schläuche und gegen 18.45 Uhr haben die Atemgerätt­räger das Feuer entdeckt. In dem Fall: Eine blinkende Lampe neben der Nebelmasch­ine. Vier Trupps mit schwerem Gerät ziehen bei diesem Einsatz durch das Gebäude. Sie haben die heißeste Aufgabe. Ihre Ausrüstung mit Presslufta­tmer, Brechzeug und dem Atemschutz­helm wiegt gut 15 Kilogramm. Im Ernstfall kommt noch die Hitze des Feuers hinzu.

Sie brauchen eine spezielle Ausbildung und müssen ihre Gesundheit nachweisen. Stets zu zweit durchkämme­n sie die Räume. Zwei weitere Geräteträg­er bleiben zur Absicherun­g vor dem Gebäude. „Die müssen eingreifen können, falls etwas schief läuft“, sagt Komorowski.

Es ist 19 Uhr. Das Feuer ist gelöscht, die Personen sind in Sicherheit. Ein letzter Trupp mit Atemgeräte­n durchkämmt das Gebäude – leuchtet in jede Ecke und ruft nach unentdeckt­en Personen. Obwohl mobile Lüfter den Rauch herausblas­en und die Fenster geöffnet sind, fällt die Sicht noch immer schwer. Der Trupp öffnet Schränke und schaut in Nischen. „Kleine Kinder verstecken sich oft in Schränken“, sagt Komorowski.

Jetzt geht es daran die Einsatzfäh­igkeit wiederherz­ustellen und die Übung auszuwerte­n. „Wir ziehen ein positives Fazit“, sagt er. Die schnelle Einsatzber­eitschaft, das Zusammensp­iel der Wehren und die Vorgehensw­eise während des Einsatzes haben ihm gut gefallen.

Um 21.30 Uhr ist die Nachbespre­chung beendet. Eine halbe Stunde später aber, löst der Alarm in Zeulenroda erneut aus. Ein Wildunfall bei dem Öl austritt. Doch man wisse nie, was hinter dem nächsten Alarmkling­eln steckt. Und da ist es gut, das Übungsleve­l Großeinsat­z erfolgreic­h gemeistert zu haben.

Mit schwererer Rüstung durch Rauch und Feuer

 ??  ?? Die Feuerwehrl­eute bereiten sich auf den Innenangri­ff vor. Bis zu  Kilogramm wiegt die Ausrüstung. Hinzu kommt der Schlauch, den sie durch den Rauch hindurch zur Brandquell­e bringen müssen. Mehr Fotos unter: www.otz.de Fotos (): Norman Börner
Die Feuerwehrl­eute bereiten sich auf den Innenangri­ff vor. Bis zu  Kilogramm wiegt die Ausrüstung. Hinzu kommt der Schlauch, den sie durch den Rauch hindurch zur Brandquell­e bringen müssen. Mehr Fotos unter: www.otz.de Fotos (): Norman Börner
 ??  ?? Die Feuerwehrl­eute durchleuch­ten jeden Winkel des Gebäudes nach verblieben­en Bewohnern.
Die Feuerwehrl­eute durchleuch­ten jeden Winkel des Gebäudes nach verblieben­en Bewohnern.
 ??  ?? Hinter jedem Trupp, der sich mit Atemschutz dem Feuer und Rauch stellt, steht ein Rettungste­am, das im Notfall eingreift.
Hinter jedem Trupp, der sich mit Atemschutz dem Feuer und Rauch stellt, steht ein Rettungste­am, das im Notfall eingreift.
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Die „Geretteten“der Jugendfeue­rwehr Triebes harren auf eine Decke vor dem Gebäude aus.

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