Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Landkreistag lehnt Mindestgröße von Schulen ab
Landesregierung verteidigt Schulgesetz gegen Kritik: Strukturen müssten effizienter gestaltet werden
Erfurt. Der Thüringische Landkreistag befürchtet ein Schulsterben im ländlichen Raum und lehnt deshalb die Vorgaben für Klassengrößen von Bildungsminister Helmut Holter (Linke) ab. „Um im ländlichen Raum auch in Zukunft einen wohnortnahen und vollständigen Bestand an Schulen sicherzustellen“, so der Verband, orientiere man sich an den Größenvorgaben der Nachbarländer Sachsen und Sachsen-Anhalt, die deutlich niedriger sind.
Nach der Vorstellung des Landkreistages sollen in Thüringen in einer Grundschule 15, einer Regelschule 20 und in einem Gymnasium ebenfalls 20 Schüler pro Klasse sitzen. Holters Entwurf sieht vor, dass eine Grundschulklasse mindestens 22 Schüler stark sein soll, eine Regelschule müsste 24 und ein Gymnasium mindestens 26 Schüler pro Klasse haben.
„Ein neues Schulgesetz muss sich am tatsächlichen Bedarf der Schüler orientieren und darf nicht den Lehrermangel im Freistaat Thüringen verwalten“, sagt die Präsidentin des Landkreistages, Martina Schweinsburg (CDU). Selbst die Korrektur der Schulgrößen greift aus Sicht der Landräte zu kurz: Holter hatte angekündigt, dass in Grundschulen generell mindestens 80 Schüler lernen sollten. Ursprünglich waren für Grundschulen in Gemeinden mit mehr als 6500 Einwohnern 180 Schüler vorgesehen. „Auch eine generelle Mindestgröße von 80 Schülern erfüllen 20 Prozent der Grundschulen im ländlichen Raum nicht“, kritisiert Schweinsburg.
Generelle Mindestgrößen für Schulen lehnt der Verband ab. Damit sei ein Schulsterben programmiert. Denn auch etwa 60 Prozent der weiterführenden Schulen erfüllten die im Gesetzentwurf vorgesehenen Anforderungen nicht. Dort sind mindestens 240 Schüler für Regelschulen und 540 Schüler für Gymnasien gefordert.
Im Bildungsministerium verweist man auf die Gespräche, die Minister Helmut Holter (Linke) in den vergangenen Wochen dazu mit den Landräten konstruktiv geführt habe. Man sei sich einig, dass auf die Demografie und den Lehrermangel reagiert werden müsse. Klar sei auch, dass die wichtigste Maßnahme gegen Unterrichtsausfall die Einstellung neuer Lehrer sei. Doch auch die Schulstrukturen müssten effektiver gestaltet werden. Angesichts des bundesweiten Lehrermangels sei es fahrlässig, nicht zu handeln. „Deshalb möchte ich, dass kleine Schulen zukünftig eng kooperieren, weil in größeren Kollegien der Unterricht besser abgesichert werden kann“, stellt der Minister klar.
SPD-Bildungspolitiker Thomas Hartung wirft dem Landkreistag Realitätsferne vor. Seine Zahlen spiegelten die aktuelle Situation wider. Thüringen bräuchte zusätzlich 1000 Lehrer, um bei unveränderten Strukturen Unterricht zu garantieren. Angesichts der schon jetzt bestehenden Probleme, alle Stellen zu besetzen, sei dies illusorisch. Mit dem Gesetzentwurf liege ein Vorschlag vor, wie die Standorte erhalten werden können. Doch wenn die Weichen für Kooperationen nicht jetzt gestellt werden, befürchtet Thomas Hartung spätestens ab 2020 eine Welle von Schulschließungen auf dem Land.