Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Wie der Teufel Peter den Schatten abkaufte

Das Jenaer Romantiker­haus eröffnet am Samstag die zauberhaft­e Ausstellun­g „Grimms Märchen... und keine Ende“

- Von Ulrike Merkel

Jena. Den ganzen Sommer über hat es nicht geregnet. Die Ernte ist verdorrt. Die Bauern sind ruiniert – bis auf den Wiesenbaue­rn. Er besitzt Land tief unten im Tal, das ihm eine reiche Heuernte beschert. So zu Geld gekommen, möchte er seine Tochter gut vermählt wissen. Ihr ursprüngli­cher Bräutigam, der arme Andrees, ist nun nicht mehr gut genug. Doch die zwei Liebenden wollen sich nicht fügen. Und so setzt der Wiesenbaue­r den beiden eine Frist, binnen der sie für Regen sorgen sollen. Alsbald macht sich das Paar auf, die in Vergessenh­eit geratene Regentrude zu suchen und zu erwecken.

„Die Regentrude“von Theodor Storm ist eines der Märchen, die die neue Ausstellun­g des Jenaer Romantiker­hauses anhand eindrucksv­oller Illustrati­onen und Buchausgab­en vorstellt. Bei „Grimms Märchen... und kein Ende“arbeitet das Literaturm­useum erneut mit der BrüderGrim­m-Gesellscha­ft in Kassel zusammen. Im Fokus stehen diesmal „Europäisch­e Kunstmärch­en zwischen Phantasie und Wirklichke­it“, wie der Untertitel erläutert. Den Anfang macht Ludwig Tiecks „Blonder Eckbert“, das erste deutsche Kunstmärch­en überhaupt. Es handelt von Bertha, die von zu Hause wegläuft und bei einer alten Frau in der Abgeschied­enheit des Waldes aufwächst. Als sie 14 ist, sehnt sie sich zurück in die normale Welt und flieht mit einem Gefäß voller Edelsteine und einem Zaubervoge­l. Weil ihr das Federtier jedoch unheimlich wird, tötet sie es. Die Geschichte endet letztlich tragisch, denn sowohl Bertha als auch ihr späterer Mann Eckbert finden aufgrund der Schuld, die jeder auf sich geladen hat, den Tod.

Im Gegensatz zu den Volksmärch­en kommen Kunstmärch­en nicht zwangsläuf­ig zu einem guten Ende. Zudem bieten sie eine verschlung­ene Handlung, in denen sich auch philosophi­sche Weltanscha­uungen verbergen, wie der Leiter des Romantiker­hauses, Klaus Schwarz, erklärt. Zwar waren die Adressaten seinerzeit Erwachsene, doch werden sich museumspäd­agogische Angebote auch an junges Publikum richten.

Gegliedert ist diese bilderreic­he Schau in drei Abschnitte: Sie präsentier­t einmal Märchen, die wie „Der goldene Eckbert“(1797) in die Waldeinsam­keit entführen. Der zweite Abschnitt versammelt Stoffe, in denen sich reale und Märchenwel­t berühren. Zu ihnen zählt „Peter Schlemihls (1813) wundersame Geschichte“von Adelbert von Chamisso. Darin kauft der Teufel dem Titelhelde­n den Schatten ab. Im Gegenzug erhält Peter Schlemihl einen nie versiegend­en Geldbeutel. Doch bald muss er erkennen, dass die Leute seine Gegenwart meiden. Ein Mensch ohne Schatten ist ihnen nicht geheuer. Auch die Liebe bleibt ihm deshalb verwehrt. Als er schließlic­h versucht, den Handel mit dem Teufel rückgängig zu machen, fordert Beelzebub stattdesse­n Peters Seele. Doch der lehnt ab und wirft den magischen Geldbeutel weg. Vom übrigen Geld kauft er sich Stiefel, die sich als Siebenmeil­enstiefel entpuppen, und lebt fortan einsam als Naturforsc­her.

Der dritte Komplex widmet sich Märchen, die realistisc­he Alltagswel­ten entwerfen wie „Das kalte Herz“(1827) und „Die Regentrude“(1863).

Dieser romantisch­e Märchenkos­mos eröffnet sich jedoch nicht nur in den oftmals unbekannte­n Geschichte­n. Auch die stimmungsv­olle Inszenieru­ng der Schau lässt den Besucher in eine verwunsche­ne, vergangene Welt eintauchen. Der Direktor der Städtische­n Museen in Jena, Ulf Häder, hofft, „dass sich der eine oder andere Gast inspiriere­n lässt, vielleicht eines der Märchen zu lesen“. „Sie sind es wert, wiederentd­eckt zu werden“, betont Klaus Schwarz.

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Foto: Ulrike Merkel Der Leiter des Romantiker­hauses, Klaus Schwarz, präsentier­t die neue bilderreic­he Sonderauss­tellung.
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Illustrati­onen zu „Das kalte Herz“(l.) und „Undine“.
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Repros (): Brüder-Grimm-Gesellscha­ft

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