Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Alles über Verschwörungstheorien
Michael Butter referiert über ein spannendes Thema aus wissenschaftlicher Sicht
Greiz. Sind die Amerikaner im Jahre 1969 tatsächlich auf dem Mond gelandet? Wer steckte wirklich hinter den Anschlägen auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001? Sogenannte Verschwörungstheorien gibt es genug. Und sie haben weltweit genügend Anhänger.
Zu diesem bewegenden und aktuellen Thema referierte Michael Butter von der Universität Tübingen in der Greizer Bibliothek und stieß auch hier auf großes Interesse. 27 Besucher hatten alle Plätze besetzt, kein Stuhl blieb leer. Michael Butter ist Autor des Buches „Nichts ist wie es scheint – Verschwörungstheorien“. Er ist gern gesehener und gehörter Gast in Fernsehtalkshows und wird oft als Fachmann zu Rate gezogen.
Butter begann mit der Frage, was eine Verschwörungstheorie eigentlich ist und wie Verschwörungstheoretiker denken. „Nichts geschieht durch Zufall, alles ist irgendwie miteinander verbunden und vor allem ist nichts so, wie es scheint“, erklärte er. „Diese Dinge gehören zu den Grundlagen einer Verschwörungstheorie.“Butter machte deutlich, wie die unterschiedlichsten Themengebiete miteinander verwoben werden, damit überhaupt eine Verschwörungstheorie entstehen kann. Als Beispiel nannte er die Verknüpfung der Ereignisse vom 11. September 2001 mit der Syrienkrise und dem SchengenAbkommen in der Europäischen Union. Durch den Anschlag in New York sollte der Nahe Osten instabil gemacht werden, die Syrienkrise ausgelöst und ein Flüchtlingsstrom in das grenzenlose Europa ausgelöst werden.
Butter zeigte auf, wie hier exemplarisch Dinge – zeitlich und räumlich strikt getrennt – zu einer angeblichen Verschwörung verwoben werden. Und wer sind diese Verschwörer? Im Internet findet man dazu seitenweise Informationen. Das weltweit verzweigte Illuminatentum, die Freimaurer, eine international agierende Finanzoligarchie. Das Rad der Geschichte in den Händen weniger einflussreicher Leute. Butter: „So ist der Glaube entstanden, die Weltgeschichte wird über Jahrzehnte geplant.“Interessant, als Butter weiter erklärte, jeder der amerikanischen Präsidenten bis 1960 sei ein gläubiger Verschwörungstheoretiker gewesen. Erst danach ist das Thema aus der Mitte der Gesellschaft verschwunden, wurde nicht mehr ernst genommen und an den Rand gedrängt. Eine Stigmatisierung gebe es bis heute in der westlichen Welt – im Gegensatz zu Osteuropa und Ländern des arabischen Raums. Wer ist für Verschwörungstheorien und sind sie noch so abstrus, empfänglich? Michael Butter antwortete: „Es sind jene, die sich ökonomisch und kulturell abgehängt fühlen. Die sich erinnern an gute alte Zeiten und jetzt alles für verrottet halten.“
Butter ging auch auf die Verbindung zwischen Verschwörungstheorien und Populismus ein. Einerseits gibt es die Eliten, auf der anderen Seite das Volk, wird von den Verschwörungstheoretikern argumentiert. Die Funktionen der Verschwörungstheorien erklärte Butter so: Sie sind ein Sinn- und Erklärungsangebot, Chaos und Zufall werden ausgeschlossen. Die menschliche Handlungsmacht wird betont, sie besitzen eine Entlastungsfunktion. Viele Menschen fühlen sich befreiter, wenn sie daran glaubten. Nicht zu unterschätzen auch die Unterhaltungsfunktion – die Geschichten, so Butter, sind wirklich spannend erdacht und aufgebaut.