Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Frauen dürfen wählen

Vor 100 Jahren bekommt der weibliche Teil der Bevölkerun­g eine Stimme. Es wird auch möglich, Abgeordnet­e im Parlament zu sein.

- Von Stefanie Paul

Vor 100 Jahren lebten die Menschen ganz anders als heute. In den meisten Häusern gab es keinen Strom. Die Leute heizten mit Kohle oder Holz. An Handys und Internet war nicht zu denken.

Und noch etwas war anders: Bei Wahlen durften nur Männer mitmachen. Frauen durften ihre Stimme nicht abgeben. Das änderte sich vor 100 Jahren, am 12. November 1918. Das war ein aufregende­r Tag für Mädchen und Frauen. Was sie bloß damals dachten? Wir haben überlegt, wie sich ein Gespräch zwischen zwei Frauen damals angehört haben könnte:

„Hey Lotte, warte doch mal. Ich muss dir was erzählen. Oder hast du es etwa schon gehört? Oh Mann, ich hab‘s gerade in der Zeitung gelesen und dann bin ich gleich losgeflitz­t, um dich zu suchen.“

„Warum bist du so aufgeregt, Louise?“

„Ok, dann scheinst du es wirklich noch nicht zu wissen. Mensch Lotte, wir dürfen ab sofort wählen! Also sobald wir 20 Jahre alt sind.“

„Wahnsinn! Was stand denn noch in der Zeitung?“

„Also: Beschlosse­n hat das Ganze der ‚Rat der Volksbeauf­tragten‘. Das ist ja momentan sozusagen unsere Regierung.“

„Und was ist mit dem Kaiser?“

„Ach Lotte, der musste doch abdanken. Das war eine der Bedingunge­n, damit es Frieden geben konnte. Nach vier Jahren ist nun endlich dieser fürchterli­che Weltkrieg vorbei. Nun verändert sich alles: Der Kaiser ist weg und damit auch die Monarchie.“

„Stimmt Louise, hier geht gerade alles drunter und drüber.“

„Bald soll ein Parlament gebildet werden. Bei den Wahlen dazu dürfen alle mitmachen – auch wir Frauen! Wir haben jetzt eine Demokratie in Deutschlan­d. Das bedeutet, ab jetzt darf jeder mitbestimm­en. Demokratie heißt nämlich so viel wie ‚Herrschaft des Volkes‘.“

„Dürfen Frauen denn auch Kandidatin­nen sein?“

„Sie dürfen! Passives Wahlrecht nennt man das. Das bedeutet, im Parlament sitzen bald auch Frauen.“ jetzt

„Das wurde aber auch Zeit, Louise. Meine Mama hat mir erzählt, dass Frauen schon lange für ihr Wahlrecht kämpften. Aber die Männer sagten immer: Ihr Frauen könnt das gar nicht, ihr habt dafür zu kleine Gehirne. Und sie behauptete­n, dass Frauen das gar nicht wollten. Wählen liege nicht in ihrer Natur.“

„So ein Quatsch! Wahrschein­lich hatten die Männer einfach nur Angst. Sie hatten Frauen auch verboten, in politische Vereine zu gehen – oder selbst solche Vereine zu gründen. Es gab aber immer wieder Frauen, die machten das trotzdem. Sie mussten ihren Verein nur geschickt tarnen. Sie taten einfach so, als würde es bei den Treffen nicht um Politik gehen.“(dpa)

 ??  ?? Die Aufnahme aus dem Jahr 1919 zeigt einen Demonstrat­ionszug mit Frauen an der Spitze, der die Unabhängig­e Sozialdemo­kratische Partei Deutschlan­ds (USPD) und deren Kandidatin Luise Zietz unterstütz­t. Foto: AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung/dpa
Die Aufnahme aus dem Jahr 1919 zeigt einen Demonstrat­ionszug mit Frauen an der Spitze, der die Unabhängig­e Sozialdemo­kratische Partei Deutschlan­ds (USPD) und deren Kandidatin Luise Zietz unterstütz­t. Foto: AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung/dpa
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