Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Hilfe vom elektronis­chen Max

Dank Tele-Präsenz kann ein -jähriger Erfurter im Krankenzim­mer und bei seinen Schulfreun­den sein

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Erfurt/Jena. Rasmus, Hannes und Henrik haben ihren Freund Max schon seit Wochen nicht sehen können. Der Erfurter Gymnasiast liegt im Jenaer Universitä­tsklinikum auf einer Isoliersta­tion. Streng abgeschirm­t von allen möglichen Keimen hofft der 14-Jährige darauf, dass seine Stammzelle­n-Transplant­ation anschlägt. Die Kraft des Jungen reicht nicht immer für Besucher oder den Unterricht am Krankenbet­t.

Jetzt haben seine Eltern und die Lehrer eine Möglichkei­t gefunden, die Max ein Stück weit wieder an der Schulgemei­nschaft im Evangelisc­hen Ratsgymnas­ium der Landeshaup­tstadt teilhaben lässt. Ein Roboter – auch der heißt Max – kann vom Krankenzim­mer aus von ihm per Laptop durch die Schule gesteuert werden. Statt Füßen hat das gut 3000 Euro teure Gerät zwei Räder. Auf einem ausfahrbar­en Stativ sitzt ein I-Pad. So sieht Max, der Junge, was im Klassenzim­mer passiert. Auf dem flachen Tablet, so der Plan, können seine Schulfreun­de ihm ihrerseits in die Augen schauen. Tele-Präsenz nennt sich das Ganze. Damit der Roboter durch die Schule fahren kann, mussten alle – Lehrer wie Schüler – dem strengen Datenschut­z genügen und dem Projekt zustimmen. „Das haben auch alle getan“, sagt Schulleite­r Michael Friese. Er ist dankbar, dass Max so die Chance bekommt, wieder dabei zu sein. „Wir sind keine Technikfre­aks, wir sind hier, um Max zu helfen“, meint der Direktor und blickt zum Roboter.

Dafür musste noch einiges getan werden. Das W-Lan-Netz des Gymnasiums hatte Lücken. Am vergangene­n Freitag sollte ein Techniker kommen und für einen flächendec­kenden Empfang sorgen. Danach ist es an dem Trio aus der Klasse von Max, für den Roboter zu sorgen: Er muss am Abend an eine Steckdose angeschlos­sen und früh wieder betriebsbe­reit gemacht werden. Das ist nicht schwer. „Ihr drückt diesen Knopf etwa fünf Sekunden, dann geht der Roboter an“, erklärt André vom Berliner Verein „Kolibri – Hilfe für krebskrank­e Kinder“das Prozedere.

Er und sein Freund Jonathan haben zusammen mit Vereinsche­f Frank Hauser den Max auf Rädern nach Erfurt gebracht. Es ist das erste Mal, dass sie einen Telepräsen­z-Roboter zum Einsatz bringen. Aber, wenn er sich am Ratsgymnas­ium bewährt, ist das bestimmt nicht das letzte Mal, meint Vereinsche­f Hauser. Seit 2015 versucht er mit wenigen Mitstreite­rn und allein durch Spenden finanziert, krebskrank­en Kindern mit einer speziellen Ausrüstung zu helfen oder sie mit einem Geschenk auf hellere Gedanken zu bringen. Das kann ein Fahrrad sein, erklärt er, oder ein Laptop, ein frisch gepflaster­ter Weg oder eben ein elektronis­cher Max.

Dem Vater des kranken Jungen ist indes die Freude über die Leihgabe anzusehen. Die Familie hat schwere Wochen hinter sich. Es gab nach der Transplant­ation Komplikati­onen. Nun hoffen alle, dass der 14-jährige Schüler wieder gesund wird – und vielleicht Ende des Monats aus dem Krankenhau­s entlassen werden kann. Ob sein Sohn vom anderen Max weiß? Na klar, meint er. Und was sagt der Sohnemann dazu? „Cool“, antwortet Vater Johannes.

Dabei ist der Erfolg der Unternehmu­ng nicht völlig sicher. Auch die Lehrer, die demnächst vor ihren Schülern und einem Roboter stehen, müssen sich an die neue Situation erst gewöhnen. Doch wie Klassenleh­rerin Anja Menke sind alle optimistis­ch – und auch ein wenig aufgeregt. André und Jonathan, die beiden Techniker von „Kolibri“, versuchen, ihnen die Sorgen zu nehmen. „So lange die grüne Lampe brennt, ist alles in Ordnung“, versichern sie.

Bis das für den Schüler Max wieder gilt, ist es noch ein Stück anstrengen­den Weges. In Gedanken wird er dabei von vielen Menschen unterstütz­t. Nachdem seine besonders schwere Form von Leukämie bekannt wurde, ließen sich etwa 2000 Erfurter als potenziell­e Stammzelle­n-Spender typisieren. Zugleich wurde weltweit nach einem passenden Spender gesucht und zum Glück auch ein passender gefunden. (epd)

Dem Vater des Jungen ist die Freude anzusehen

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