Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Von Feinden zu Freunden

- Dietmar Ebert über das Konzert der Jenaer Philharmon­ie am Freitag

Das Konzert der Jenaer Philharmon­ie am vergangene­n Freitag war dem Gedenken an das Ende des Ersten Weltkriege­s gewidmet. Zu Beginn erklang „Ma mère l’Oye“, eine Ballett-Suite in sechs Bildern nach Märchen-Motiven von Maurice Ravel. Benjamin Ellin und das Jenaer Orchester fanden zu einem leichten, federnden Klang, zu märchenhaf­ten Sphärenklä­ngen.

Das Hauptwerk des Abends war Benjamin Ellins Oratorium für zwei Soli, Knabenchor und Orchester „One Before Zero“. Der britische Komponist Benjamin Ellin schrieb es zum „Gedenken an die Schlacht an der Somme“. Uraufgefüh­rt wurde es im Rahmen des Europäisch­en Orchestern­etzwerkes „One“2016 vom Knabenchor der Jenaer Philharmon­ie und vom Orchestre de Picardie unter Arie van Beck in Amiens. Am Freitag fand unter Leitung des Komponiste­n die Aufführung in Jena statt. Im Prolog fragt sich der Solist, wer die Männer um ihn sind und wer er selbst ist. Im nächsten Teil, „Kriegslist“, tritt neben die beiden Solisten der Chor hinzu. Er wechselt zwischen englischen, französisc­hen und deutschen Passagen. Den größten Teil des Oratoriums nimmt der Teil „Zero Hour“ein, ein Dialog zwischen Solisten und Chor, in dem die Schlacht mit den modernen Waffen des 20. Jahrhunder­ts gestaltet wird, in der „Sterne fallen“, bis am Ende der Gaskrieg entfesselt wird. Das ist hochkomple­x komponiert, und wird vom Knabenchor furios gesungen. Im Epilog werden Männer wieder zu Söhnen, Ehemännern und Vätern. Leise und tastend wird der Versuch gewagt, aus Feinden Freunde werden zu lassen. Benjamin Ellin, Marta Fontanals-Simmons, Peter Savidge, der von Berit Walther einstudier­te Knabenchor und das Jenaer Orchester haben das Oratorium „One Before Zero“mit hoher musikalisc­her Präzision und sehr bewegend aufgeführt. Sie haben uns gezeigt, welch großes Geschenk es ist, in einem friedliche­n Europa leben zu dürfen.

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