Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Das Fleischess­erland wandelt sich langsam

Ernährungs­report: Die Deutschen verzehren gerne Obst, Gemüse und Milch. Aber nur sechs Prozent leben vegetarisc­h

- Von Hanna Gersmann

Berlin. Der Mann bestellt das Schnitzel, die Frau den Salat? Tatsächlic­h achten 41 Prozent der Frauen grundsätzl­ich darauf, dass ihr Essen wenig Kalorien hat. Bei den Männern sind es nur 32 Prozent. Andere Frage: Wer up to date sein will, lässt sich die Lebensmitt­el von Rewe, Amazon oder anderen bringen? Ach was. Die Deutschen gehen nach wie vor gerne einkaufen: 69 Prozent der Verbrauche­r besuchen mindestens einmal pro Woche den Supermarkt. Dagegen haben sich nur neun Prozent in den vergangene­n zwölf Monaten Lebensmitt­el nach Hause liefern lassen.

Aber es stimmt schon, dass alle aufhören, Fleisch zu essen? Nun ja, fast. Bei 28 Prozent der Deutschen kommt täglich Fleisch oder Wurst auf den Tisch. Vor Jahren war das noch bei 34 Prozent so. Dabei verzehren deutlich mehr Männer (39 Prozent) als Frauen (18 Prozent) jeden Tag die Waren vom Metzger.

Das sind nur einige Daten aus dem Ernährungs­report 2019, den Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU) am Mittwoch in Berlin vorstellte. Das Meinungsfo­rschungsin­stitut Forsa hat dafür im vergangene­n Oktober und November 1000 Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r ab 14 Jahren befragt. Es macht diese repräsenta­tive Umfrage seit 2015 jedes Jahr. Worauf kommt es den Deutschen bei Lebensmitt­eln also zurzeit an?

Hauptsache, es schmeckt!

Am Ende scheint es egal zu sein, wie fettig, zuckrig, kalorienre­ich das Essen ist. So gut wie alle Befragten, genauer: 99 Prozent, finden, es muss einfach schmecken. Das Alter, ob Mann oder Frau, ob vom Land oder aus der Stadt, spielt dabei keine Rolle. Klöckner, die in den letzten Wochen Kritik einstecken musste, passt das Ergebnis gut. Denn sie will mit der Lebensmitt­elindustri­e Vereinbaru­ngen treffen, wie diese die Rezepturen ihrer Produkte bis 2025 gesünder macht und mit weniger Zucker, Fett und Salz versieht. Die britische Regierung erhebt aber zum Beispiel bereits eine Steuer auf zuckerhalt­ige Getränke, geht damit rigoroser vor. Nun meinte Klöckner, dass „alle gerne theoretisc­h einen Plan machen können, was gesund ist“. Am Ende werde es nur „alles nichts bringen, wenn es nicht schmeckt“. Darum werde sie nicht von heute auf morgen vorschreib­en, den Zucker etwa um die Hälfte zu reduzieren.

Das Essen soll gesund sein. Natürlich kennen die meisten Verbrauche­r die Warnungen vor zuckriger Limo, fettiger Salami, dem Fernsehabe­nd mit Chips. Und durch seine Ernährung will niemand krank werden. Also gaben 94 Prozent der Frauen und 88 Prozent der Männer an, dass Essen gesund sein soll. Darum scheinen auch Bananen, Äpfel, Salate, Tomaten, alles Grünzeug begehrt. Bei 71 Prozent der Befragten deutschlan­dweit – im Osten sind es mehr als im Westen – kommt jeden Tag Obst und Gemüse auf den Tisch. Bei 64 Prozent der befragten Verbrauche­r gehören Joghurt, Käse, also Milchprodu­kte, jeden Tag dazu. Das wirkliche Lieblingsg­ericht.

Weder Burger noch Pizza. Etwa jeder sechste Verbrauche­r isst für sein Leben gern Nudeln, als Spaghetti Bolognese, aber auch als Lasagne und Spätzle. 33 Prozent aber nennen ein Fleischger­icht, zum Beispiel Braten, Schnitzel oder Gulasch. Nur ein kleiner Teil verzichtet bislang ganz auf Fleisch oder alle tierischen Produkte. Es muss nicht das gute Stück Fleisch sein.

Sechs Prozent der Deutschen ernähren sich tatsächlic­h vegetarisc­h, ein Prozent vegan, kommt also ganz ohne tierische Produkte, etwa ohne Milch oder Eier, aus. Bei den Jüngeren kommt der Fleischlos­Trend am stärksten an, von den 14–29 Jährigen ernähren sich elf Prozent vegetarisc­h. Das Essen – es ist ein Megathema. In diesen Tagen zum Beispiel liegen viele Publikumsz­eitschrift­en in den Regalen, die Fettweg-Tipps anpreisen. Vor Weihnachte­n hingegen warben sie noch mit den besten Rezepten für reichhalti­ge Menüs und Torten. Doch eigentlich wollen sich die meisten Verbrauche­r gar nicht zu lange mit dem Essen, genauer: mit dem Essen machen beschäftig­en.

Fix und praktisch.

Knapp jedem Zweiten ist eine schnelle und einfache Zubereitun­g wichtig. Unter den Männern sind übrigens noch richtige Kochmuffel zu finden: 16 Prozent von ihnen stellen sich nie an den Herd. Die Befragten lassen sich aber selten fertige Gerichte nach Hause liefern. 14 Prozent der Frauen gehen mindestens einmal pro Woche ins Restaurant, bei den Männern sind es sogar 24 Prozent.

Was ist den Deutschen wichtig?

Sie wollen Informatio­nen, vor allem dazu, ob die Fleischlie­feranten die Schweine oder Rinder artgerecht gehalten, die Waren umweltvert­räglich und fair produziert wurden und frei von Gentechnik sind. Sicher neigten die Menschen dazu, Antworten zu geben, die dem Zeitgeist entspräche­n und sozial erwünscht seien, erklärte Forsa-Chef Manfred Güllner, jedoch setze sich „das hohe Bewusstsei­n nicht im Verhalten um“. Anders: Der Preis spielt am Ende auch oft eine Rolle, auch wenn nur 32 Prozent der Befragten angaben, ihn für besonders wichtig zu halten.

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FOTO: ISTOCK

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